Raimund Vanselow

Praktikant vom 22. April 2013 bis zum 19. Juli 2013Raimund Vanselow

Praktikumsbericht – oder: „wie ich meine Seele verkaufte“

Als Politikstudent gehört man ja eher den eh schon politikinteressierten Menschen an, und viele hadern damit, ihre „Seele“ einer Partei zu verkaufen. So ging es auch mir und nach zwei Jahren Studium und stures Auswendiglernen der Theorie nutzte ich die Gelegenheit, die mir einerseits meine Fachstudienordnung aufzwang und andererseits die Ratsfraktion anbot.

Wo erfährt man über die politische Basisarbeit mehr als in einem kommunalen Parlament? Hier sieht man direkt, welche Entscheidungen welche Konsequenzen haben, man arbeitet nicht so abstrakt und man kann auch in vielen verschiedenen Bereichen hinein schnuppern.

Der erste Arbeitstag begann studentenfreundlich um 11:00 Uhr, dennoch wusste ich noch nicht, was für ein Tag mir bevor stand. Nach einer kurzen Einführung und Vorstellungsrunde durch die Geschäftsstelle ging es gleich an das Anfertigen des Pressespiegels, eine tägliche Aufgabe die mich dauerhaft begleitete. Zeitungen lesen, kopieren, ausschneiden, kopieren, sortieren, kopieren – und das als Bastelunfähiger!

Sofort neue Eindrücke, Vorgänge, dazu viele neue Leute und Namen, und abends dann die offene Fraktionsversammlung, wofür es ebenfalls viele Aufgaben zu erledigen gibt. Das alles summiert sich zu einem gut gefüllten ersten Tag.

Ich selbst hatte das Glück, in einer sitzungsfreien Zeit einzusteigen, somit konnte ich mich entspannt in die Arbeit der einzelnen Ausschüsse einarbeiten, und die Mitglieder der Fraktion kennen lernen.  Außerdem konnte ich viele Fragen stellen, welche Anfragen welchen Hintergrund haben, welcher Ausschuss was behandelt. Dank gebührt hier allen ReferentInnen der Geschäftsstelle, die mit viel Geduld und Ausdauer auch die dümmste Frage zum 5. Mal beantwortet haben!

Relativ schnell, noch bevor ich an ersten Ausschusssitzungen teilgenommen habe, durfte ich selbst Anfragen verfassen. Was prinzipiell recht trocken klingt, nämlich Recherche und dann Formulierung, entpuppte sich als doch sehr spannende Aufgabe. Spätestens wenn die Anfrage in den Ausschüssen behandelt wird, fiebert man als Verfasser doch mit, ob man die Informationen, die man aus der Verwaltung heraus bekommen wollte, auch erhalten konnte oder ob man ein argumentatives Schlupfloch gelassen hat, sodass ausgewichen werden konnte.

Und dann kam der Alltag, mit Ausschusssitzung an Ausschusssitzung, dazwischen noch die alltäglichen Aufgaben wie Pressespiegel erstellen und die Vorbereitung von Terminen wie Eindecken von Tischen und das eigentlich typische für Praktika: Kaffee kochen! Aber gerade wegen den vielen unterschiedlichen Aufgaben machte es mir immer mehr Spaß, weil es immer was zu tun gab.

Ein großes Highlight war der Ausflug zu einer Veranstaltung nach Münster, zur Vorstellung der Ergebnisse des EQms. Als Neuling war es super, die Erfahrung machen zu können, als Vertreter aus der Politik aufzutreten. Das zeigt auch, dass das Praktikum in der GRÜNEN Ratsfraktion viel mehr ist als das typische Erledigen von Aufgaben, auf die sonst keiner Bock hat. Man darf sich Themengebiete aussuchen, die einen interessieren, und erhält dann die Möglichkeit, sich zu engagieren, auch wichtigere Aufgaben zu übernehmen.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Praktikum eine schöne Erfahrung war und mir einen tiefen Einblick in die Kulissen hinter der Politik gab. Auch erleichterte man mir die Frage, ob und an wen ich meine politische „Seele“ verkaufe: durch rationales, zielorientiertes Handeln habe ich guten Gewissens den Antrag ausgefüllt und abgeschickt und bin nun offiziell ein GRÜNER.