Mehr Wohnungen + weniger Autos = mehr Lebensqualität in der Stadt

Überall in den Großstädten unseres Landes steht aktuell die Frage im öffentlichen Raum: Wie kann man in Zeiten von städtischem Wachstum (Stichwort „Schwarmstädte“) einen Verkehrskollaps in den Städten verhindern und gleichzeitig die urbane Lebensqualität erhalten bzw. steigern? Denn im Jahr 2018 kann die Kommunalpolitik nicht mehr nach dem Prinzip  „Weiter so wie bisher!“ reagieren. Die städtische Mobilität muss neu gedacht und neu organisiert werden.

Auch im Stadtbezirk 9 boomt der Wohnungsbau. Allein im Ortsteil Paulsmühle findet aktuell ein Bauboom auf drei ehemaligen Industrie-Grundstücken statt: Die IDR baut ein großes Berufskolleg und hat benachbarte Wohnbebauung vorbereitet. Das neue „Mühlenviertel“ direkt neben dem Bahnhof Benrath ist bereits im Bau. Zusätzlich wird das ehemalige Nirosta/Outokumpu-Industriegebiet mit Wohnen und Gewerbe überplant: allein hier sollen ca. 900 Wohneinheiten entstehen. Alteingesessene Bürger*innen fürchten daher zu Recht eine starke Zunahme von Autoverkehr in ihrem Wohnquartier.

Die Stadt Düsseldorf hat heute die Schlüsselrolle, wenn es bei Bauprojekten um die Planung, Realisierung und Vernetzung von moderner Mobilität geht. Sie sollte die Chance nutzen, innovative und zukunftsfähige Mobilitätskonzepte bei Neubauten schon vor Ort zu entwickeln.

Das bedeutet aber konkret: der heute die Stadt überschwemmende Autoverkehr mit Flächenfraß, Staus, Lärm, giftigen Abgasen, Falschparken und Unfallgefahren muss insgesamt und deutlich reduziert werden. Das aber trifft auf Widerstand beim harten Kern der Autolobby, die sich den Löwenanteil des öffentlichen Raums bereits seit langer Zeit unter den Nagel gerissen hat . Viele Autobesitzer sind der Meinung, es gäbe ein Grundrecht auf kostenlose Parkplätze vor der Haustür. Und die Kommunalpolitik scheut die Auseinandersetzung mit diesen „Besitzstandswahrern“ und „Wutbürgern“ und geht den Konflikten aus dem Weg.

Heute müssen Politik und Stadtverwaltung umdenken und umsteuern: Autos und Autoparkplätze dürfen nicht mehr als moderne „heilige Kühe“ betrachtet werden. Dem rollenden und ruhenden Autoverkehr in der Stadt müssen große Flächen wieder weggenommen werden, um die Mobilität und die Lebensqualität zu verbessern. Und die Auto-Alternativen müssen stark ausgebaut werden: nämlich dichtere Taktung von  Straßenbahnen und Bussen der Rheinbahn und mehr Flächen für eine bessere und sichere Fahrradverkehr-Infrastruktur.

 Grundidee ist es, diese Alternativen zum heute üblichen städtischen Autoverkehr mit Privat-PKW zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem ÖPNV, aber auch auf Car-Sharing-Angeboten sowie auf dem Fuß- und Radverkehr. Eine sehr gute Anbindung der betreffenden Neubaugebiete an die Rheinbahn-Linien und an den Bahnhof Benrath ist bereits vorhanden. Zu den S-Bahn- sowie den Regionalexpress-Linien kommt künftig der neue RRX (Rhein-Ruhr-Express), der auch in Benrath stoppen wird.

Die GRÜNEN haben in 2017 in der BV 9 beantragt, schon bei der Planung von neuen Wohngebieten in Düsseldorf den Verkehr neu zu denken und von Anfang an innovative Mobilitätsformen zu fördern. Auch die Digitalisierung (z. B. intelligentes Parkplatz-Management per APP) kann hier eingesetzt werden. Die BV 9 hat dies auch so beschlossen.

 Wohnquartiere mit nur wenigen Autos haben viele Vorteile:  „Weiche“ Vorteile sind: Mehr Lebensqualität, also: saubere Luft, kein Autolärm, mehr Sicherheit, mehr Platz. „Harte“ Vorteile sind: die Möglichkeiten zu verdichtetem Bauen. Das bedeutet: effiziente Flächennutzung durch schmale Straßen und reduzierte PKW-Stellplätze – also kostengünstiger Wohnraum bzw. mehr Grün- und Freiräume.

sagte schon der SPD-Politiker Johannes Rau

Erforderlicher Rest-Autoverkehr kann durch Car-Sharing-Angebote abgedeckt werden. Mit konkreten Mobilitätskonzepten bzw. -stationen kann eine Minimierung des Autoverkehrs vor Ort erreicht werden. Dafür gibt es Bedarf und auch Nachfrage in der Bevölkerung. Stadtplanerisch haben autoreduzierte Neubauprojekte direkte Vorteile für die Bewohner, aber sie machen auch Sinn für die Allgemeinheit, weil sie die Aufwärtsspirale des Autoverkehrs in den Städten bremsen können.

Natürlich müssen bei so vielen neuen Wohneinheiten die Wegebeziehungen für die Menschen (besonders die Fuß- und Radwege-Verbindungen zum Zentrum Benrath bzw. zum Bahnhof Benrath) verbessert bzw. neu geschaffen werden. Dafür ein Beispiel: die GRÜNEN haben in der BV 9 den Antrag gestellt, ein Stück ehemalige Eisenbahntrasse in einen Fuß- und Radweg zur Erschließung des künftigen Wohngebiets auf dem ehem. Nirosta/Outokumpu-Areals zum Bahnhof und zum Zentrum Benrath umzubauen.

Die GRÜNEN haben in der Bezirksvertretung 9 weitere Vorschläge eingebracht: für einen stärker reduzierten Auto-Stellplatzschlüssel bei neuen Wohngebieten, für Mobilitätsstationen, für die Einrichtung eines Fahrradstraßen-Quartiers Paulsmühle, für Verkehrslenkungsmaßnahmen. Ein konkretes Beispiel: auf Antrag der GRÜNEN wurde von der bereits vor einiger Zeit beschlossen, eine Fahrradstation für Bike & Ride am Bahnhof Benrath einzurichten. Dies wird derzeit von der Verwaltung in einer Machbarkeitsstudie untersucht. In diesem und in den kommenden Jahren sollten endlich Taten folgen.

 

Text und Foto: Richard F. Wagner, 17.05.2018