Paul Naudascher

Praktikant vom 30. Juni 2014 bis zum 15. August 2014Paul Naudascher

Vorher  |  Drei Fragen

Warum Düsseldorf?
Auf das etwa 7-wöchige Praktikumsangebot stieß ich während meiner Recherche zu Beginn dieses Jahres. Ich war auf der Suche nach einer praktischen Tätigkeit für den Sommer, die mir erstens dabei helfen würde, potentielle etwaige Arbeitsfelder zu sondieren (wenn auch ich mir im Vorhinein bereits sicher war, dass Kommunalpolitik für mich dabei nicht unbedingt die größte Rolle spielen würde) und die zweitens im politischen Bereich stattfände.

Dass ich dafür in meine Heimatstadt Düsseldorf zurückkehren konnte, war mir auch mehr als recht, da ich hier schon seit drei Jahren nicht mehr länger als zwei Wochen am Stück verbracht hatte und mir durch die Tätigkeit einen neuen, einzigartigen Zugang zur sonst so vertrauten Stadt erhoffte, was sich auch bestätigte.

Warum GRÜN?
Seit einiger Zeit bereits verfolge ich die inhaltlichen Entwicklungen der GRÜNEN Politik, wenn auch sich meine Zuneigung in den letzten Jahren eher aus ideeller Überzeugung speist, denn aus tatsächlich inhaltlicher Begeisterung. Dieses Phänomen zieht sich meiner Meinung nach durch die Profile aller großen deutschen Parteien: Ihre Programme ähneln einander wie selten zuvor, zudem übernehmen sie regelmäßig Positionen, die sie wenige Jahre zuvor noch entschieden ablehnten.

Umso schwieriger fällt es mir und sicherlich vielen meiner Generation eine begründete Formulierung einer zumindest partiellen parteilichen Ausrichtung zu formulieren. Diese ist zwar keinesfalls erforderlich für das individuelle Wohlergehen, jedoch für das gesunde Funktionieren unseres politischen Gefüges unabdinglich. Meines Erachtens liegt in der Scheinähnlichkeit der großen Parteien Deutschlands ein Grund für die enorme Politikverdrossenheit insbesondere junger Menschen.

Warum Kommunalpolitik?
Nun steht dieser sehr allgemeinen Problematik mit der Kommunalpolitik eine äußerst greifbare und spezifische Realität gegenüber. Das lokale tritt an die Stelle des nationalen Gefüges, sodass politische Akteure an persönlicher Nähe zu ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld gewinnen.

Dass mir diese Ebene als Kosmopolit vergleichsweise unbedeutend und langweilig erschien, wollte ich mir als Föderalist nicht so recht abkaufen und mir deswegen ein eigenes Bild machen.

Währenddessen  |  Drei Dimensionen

Der Arbeitsalltag gestaltete sich abwechslungsreich, trotz der befürchteten relativen Ereignislosigkeit im „Sommerloch“ nach den Kommunalwahlen im Mai. Zwar wurde mir klar gemacht, dass es von September bis Mai üblicherweise um einiges bunter zugehe, da hier die meisten Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse stattfänden, doch gab es dennoch mehr als genug zu tun.

Inhalt
Das Praktikum begann mit einer Fraktionssitzung, in welcher sich mir das Spektakel einer sehr heterogenen und diskussionsfreudigen Runde bot. Dass es so viele interne Streitpunkte von elementarer Bedeutung gibt, war mir bis dato nicht bewusst, obwohl dies im Nachhinein betrachtet mehr als naiv erscheint. So ist es doch dieser kreative und offen geführte Diskurs, an dessen Konfliktlinien sich erst die nach außen getragenen Standpunkte herauskristallisieren. Ich lernte die ersten Mandatsträger*innen der neuen Wahlperiode und auch einige Politiker*innen aus dem Landtag kennen.

Weiter ging es mit der letzten konstituierenden Ratssitzung der Wahlperiode, an der der bis dato amtierende Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) als Sitzungsleiter aber auch der neugewählte OB Thomas Geisel (SPD) teilnahmen.

Zugang zu dieser Sitzung hatte ich über den Presseeingang, da ich damit beauftragt war, Fotos zu schießen. Bei den hier getätigten Wahlen für die Ausschussbesetzungen der neuen Legislaturperiode zeichneten sich erste ideologisch behaftete Ressentiments der verschiedenen Parteien ab, was nicht selten zu interessanten Wortwechseln führte.

Die inhaltliche Arbeit findet vorwiegend in den öffentlichen Ausschüssen statt. Diese tragen Namen, die den mit ihnen vertrauten Formulierenden hauptsächlich in Form von Kürzeln über die Lippen kommen. So galt es zunächst, einen Überblick zu gewinnen. Mein Verhältnis zu ihnen war jedoch eher vorbereitender Natur, da – wie bereits erwähnt – der Großteil der Sitzungen erst im September beginnt.

So fertigte ich einige Anfragen und Anträge an die Ausschussvorsitzenden und die Verwaltung an. Dabei geht es darum, durch gute Vorbereitung des Sachverhalts und dementsprechend gezielte und treffend formulierte Fragestellungen auf Missstände aufmerksam zu machen bzw. eine Fokussierung auf bestehende anzustoßen.

In diesem Rahmen bekam ich die Gelegenheit, mich für den AGS (Ausschuss für Gesundheit und Soziales) ausführlich mit der Jahre zuvor beschlossenen Erstellung eines Gesamtkonzeptes zur Suchtprävention und -hilfe und den durch Kürzungen des Bundes neu geschaffenen Perspektiven für Langzeitarbeitslose auseinander zu setzen, sodass ich nach reger Rücksprache mit vielen Vertretern der verschiedenen Akteure die Anfragen und Anträge formulieren konnte.

Immer wieder thematisiert wurde der Pfingststurm „Ela“, der in NRW und vor allem in Düsseldorf so gravierende wie bleibende Schäden zurück gelassen hatte. Allen voran macht sich in der Stadt nach wie vor der Verlust zahlreicher Bäume mehr als bemerkbar. Zu diesem Anlass entstand während meines Praktikums die Homepage www.neues-gruen-fuer-duesseldorf.de, für deren Online-Redaktion ich diverse Aufgaben übernahm und Fotos schoss.

Für interessierte Bürger*innen organisierte ich während und begleitete außerhalb meiner Arbeitszeiten die jährlich stattfindenden GRÜNEN Sommertouren durch einige Stadtteile Düsseldorfs, welche am Ende meines Praktikums an einem Wochenende stattfanden. Dabei durchquerte ich mit etwa 20 Bürger*innen ihre Wohnbezirke, während die uns begleitenden jeweiligen Bezirksvertreter*innen bzw. Stadtteilgruppensprecher*innen altbekannte und aktuelle Streitpunkte, wie z. B. Bauvorhaben, ansprachen und ausführlich darüber Auskunft gaben.

Form
Nicht nur aufgrund dieser Tätigkeit wurde mir schnell klar, wie langfristig und intensiv die entscheidenden Sitzungen, Lenkungs- und Arbeitskreise vorbereitet sein müssen. Die Entscheidungen, die Otto-Normalbürger*in als „Output“ durch die Presse erfährt, sind nur die Spitze eines Eisbergs an Arbeit, deren Unabdingbarkeit meines Erachtens viel zu selten als solche empfunden oder zumindest stark unterschätzt wird.

So schafft dieser enorme Verwaltungsaufwand erst die notwendigen und hinreichenden Bedingungen, die einen annähernd objektiven, da wohl informierten und pluralistisch erörterten Diskurs gestatten. Dazu gehört an erster Stelle eine gut strukturierte und durch eine Vielzahl verschiedener Leitmedien informierte interne und externe Öffentlichkeitsarbeit.

Für Erstere erstellte ich jeden Morgen den Pressespiegel, der zunächst die Lektüre mehrerer Zeitungen (WZ, RP, NRZ, BILD, EXPRESS, WELT, SZ und TAZ) und das Herausstellen fraktionsrelevanter Themen erforderte. Für die Externe erstellte ich Pressemitteilungen und kümmerte mich um die Online-Redaktion (Homepage, Facebook). Dort wurde ich mit mir bis dato unbekannten Programmen des Webdesigns und der Datenverarbeitung vertraut.

Unform
Ich will weder leugnen noch verschweigen, dass mich hier zwischendurch auch traditionell bewährte Praktikantentätigkeiten weniger aufregender Art beschäftigten. So gehörte die Vorratskammer immer wieder mit frischen Lebensmitteln bestückt, Sitzungsräume mit Beamer und Besteck ausgerüstet, der Scanner und der Kopierer bedient, die Post geholt und weggebracht, der Müll entsorgt, Archive aufgeräumt etc.

Diese Arbeiten sind wohl kaum zu vermeiden und unterscheiden sich nur minimal von Unternehmen zu Unternehmen oder Behörde zu Behörde. Dennoch erfordert ihr beständig wiederkehrender Charakter eine effiziente Herangehensweise, damit möglichst viel Zeit für die eigentlichen Aufgaben bleibt.

Danach  |  Drei Erkenntnisse

Dieser Abschnitt ist für mich selber sicher der bedeutendste meines Praktikumsberichtes, da er es erfordert, die Gedanken, Erlebnisse und Eindrücke, die mir während der sieben Wochen widerfuhren, zu rekapitulieren und zu strukturieren.

Nach einigem Überlegen möchte ich an dieser Stelle die wichtigsten Erkenntnisse ausformulieren:

Erkenntnis 1
Für die / den Normalsterbliche/n ist diese Ebene der Politik die wohl bedeutsamste, da alltäglichste. Entgegen dem deutlich höheren Interesse der deutschen Bildungselite für diplomatische Beziehungen und Krisen ökonomischer und sozialer Natur beispielsweise erschienen mir die Auswirkungen der auf dieser Ebene getroffenen Entscheidungen umso relevanter für den Einzelnen, da sie mit seinem Leben in direktem Bezug stehen.

Erkenntnis 2
Der Einfluss der Politiker*innen ist hier vergleichsweise hoch konzentriert. Ich habe das Gefühl, dass sie im Gegensatz zu ihren zumeist floskelartig kommunizierenden und utilitaristisch agierenden Konterparts der internationalen Ebene viel bewegen können und dies auch tun.

Erkenntnis 3
Kommunalpolitik ist nichts für mich. Trotz Erkenntnis Nummer Eins bin ich nun überzeugt, dass meine persönlichen Interessen definitiv woanders liegen. Dem lokalen Gefüge stehe ich nun deutlich offener und interessierter gegenüber und habe mir vorgenommen, dort wo es geht auch regelmäßiger Partizipationsmöglichkeiten zu nutzen. Eine Betätigung auf diesem Feld kann ich mir jedoch nicht vorstellen