Von vertriebenen Obdachlosen, verkaufsoffenen Sonntagen und Micro-Apartments …

Bericht aus der BV 1

Bericht von der BV 1 Sitzung am 09.11.2018

Die Sitzung begann, nach den Formalia, mit einem Bericht von „fiftyfifty“. Herr Dörrenbacher, Sozialarbeiter in der Obdachlosenarbeit bei eben diesem Verein, gab etwa eine Stunde lang einen umfassenden Überblick.

Die Arbeit lässt sich in einigen Punkten zusammenfassen:

  • Es gibt immer wieder Konflikte unter den Verkäufern der Straßenzeitung, die geschlichtet werden müssen.
  • Es werden Führungen organisiert, bei denen Obdachlose Düsseldorf aus ihrer Sicht darstellen.
  • Über das Projekt „Underdog“ werden arme Menschen mit Tieren, beziehungsweise über deren Tiere erreicht.
  • Das Projekt „East-West“ versucht, die großen Probleme anzugehen, die viele Menschen aus Südosteuropa haben, die in Düsseldorf leben; sie sind EU-Bürger*innen und da viele von ihnen keine Sozialversicherungen haben, eventuell schwarz arbeiten und auch keine offizielle Wohnung/keine Postadresse haben, bekommen sie keinerlei (!) Hilfen. Sie gelten als Touristen! Nur im Winter kommen sie in Notunterkünfte, wenn sie Glück haben. In Düsseldorf kümmert sich fast ausschließlich fiftyfifty um sie.
  • Das Projekt „Housing first“ wird vom Verein mitgetragen.
  • Weiter ist natürlich die Winternothilfe ein wichtiger Zweig der Arbeit.
  • Und letztlich natürlich die politische Arbeit.

Und hier ist die Düsseldorfer Straßensatzung (§ 6) nach wie vor ein großes Problem. Sie ermöglicht es dem städtischen Ordnungsdienst, regelmäßig und gerne vor Messen … „Platten zu räumen“. Die Berichte des Sozialarbeiters waren geradezu erschütternd. Leute, die sich einen halbwegs geschützten Platz gesucht haben, werden auf äußerst rüde Art vertrieben. Trotz Gesprächen mit dem Ordnungsdezernenten der Stadt nach wie vor und ohne Ankündigung! Selbst die CDU, die diesen, meines Erachtens nach a priori problematischen, weil fachlich und charakterlich streckenweise nicht geeigneten Dienst immer ganz toll findet, war sprachlos! Vielleicht gelingt es der Bezirksbürgermeisterin, hier zu vermitteln?! – Und in genau einem Jahr werden wir fiftyfifty erneut in die Bezirksvertretung einladen!

Dann kam ein mündlicher Bericht zur Mobilitätspartnerschaft der Düsseldorfer Wirtschaft und der Stadt. – Nähere Infos hier.

Weiter mit dem unendlichen Thema neues einheitliches Altstadtpflaster. Nachdem diese Nummer wohl gründlich danebengegangen ist, werden nun klugerweise einige Testflächen verlegt, um sich dann zu überlegen, welches Pflaster sinnvoll und vor allem geeignet ist. Frühjahr 2019 und allein für diese Maßnahme 370.000 Euro Kosten… . Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft qualifizierter gearbeitet wird als bisher.

Zu den von der Verwaltung angestrebten verkaufsoffenen Sonntagen im nächsten Jahr lagen uns wieder die ausformulierten – natürlich ablehnenden – Positionen der Gewerkschaften und der Kirchen vor. Unsere Annette hielt ein treffliches theologisches Kurzreferat zum Thema Advent und Weihnacht, was die Partei mit dem C im Namen allerdings nicht beeindruckte (die mit dem F im Namen sowieso nicht) und … gemeinsam mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und LINKE lehnte die BV 1 mehrheitlich alle beabsichtigten Sonntagsöffnungen ab! Der Rat, inklusive der GRÜNEN Ratsleute, wird uns sicher überstimmen; also dieses Votum der Bezirksvertretung brechen, dennoch ein gutes Zeichen, wie wir meinen. Tradition und Brauchtum vor Profit!

Der weitere Ausbau des Radhauptnetzes zwischen Worringer Platz und Gerresheimer Straße wurde dann einstimmig beschlossen. Ein schönes Zitat eines Stadtmitarbeiters: „Radfahrer sind viel heterogener als Autofahrer … !“ Und eben dies macht die Planungen natürlich sehr anspruchsvoll.

Einigkeit herrsche auch bei den ersten Nachpflanzungen des Stadtbaumkonzeptes in unserem Stadtbezirk: Einstimmiges Votum der BV für den Vorschlag, im Bereich Diedenhofener, Ottweiler, Saarbrücker und Weißenburgstraße insgesamt 14 Bäume zu pflanzen – wofür sogar sieben PKW-Stellplätze entfallen!

Dann gab es eine interessante Bauvoranfrage: Am Worringer Platz 4, praktisch im Inneren des Blocks (hinter der Brücke Richtung Flingern) wird eine Apartmentanlage mit Kleinwohnungen – jeweils etwa 28 Quadratmeter – entstehen, fast 200 solcher Wohnungen („Micro-Apartments“ oder „Micro-Flats“ auf neudeutsch, gelegentlich auch als „Wohnklos“ bezeichnet) plus Tiefgarage. Das Ganze klingt dennoch sehr vielversprechend und die gesamte BV ist nun auf die konkreteren Pläne des Investors gespannt. (Ich persönlich wohne als Single in einer alten Genossenschaftswohnung in Pempelfort von etwa 38 Quadratmetern und kann mir auch vorstellen, auf 28 zu leben – falls bezahlbar … .)

Außerdem wurde uns das bisherige Ergebnis eines Wettbewerbs zur neuen Bebauung des Grundstücks Schwannstraße 3 (bisher Umweltministerium) vorgestellt. Danach soll dort ein mehr als 90 Meter hohes Bürogebäude hin. Mit unseren Skepsis ob dieses riesigen Gebäudes (Verschattungen, Vogel-Opfer an der Glasfassade, Gigantismus) waren wir im Ergebnis recht einsam. Mal abwarten, ob es zur Realisierung kommen wird…

Der (mit uns abgesprochene) SPD-Antrag, an Baumscheiben an Straßen Radständer aufzustellen, fanden alle gut; natürlich außer der FDP. Es geht darum, diese quasi halben Parkplätze zu Radabstellflächen zu machen, indem dort jeweils drei oder vier Bügel installiert werden. Vielleicht kann man auch an Einmündungen, an den „Nasen“ der Kurven solche Bügel aufstellen; wir werden dies im Auge behalten.

Desgleichen Radständer am Bussteig am Nordfriedhof. Alle dafür, außer der FDP, die verkehrspolitisch scheinbar noch in den 70er-Jahren verfangen sind.

Ein rot (6) -grün (3) -dunkelroter (1) – von gesamt 19 Mandaten – Antrag für einen Sonnenschutz am Kleinkinderspielplatz Kolpingplatz wurde mehrheitlich beschlossen.

(Dies waren natürlich nicht alle Tagesordnungspunkte, aber die aus unserer Sicht wichtigsten. Detailliert geht es natürlich im offiziellen Protokoll zu, dass nach der Genehmigung durch das Gremium etwa Mitte Dezember vorliegen sollte.)

Jürgen Kamenschek