Sperrung der Strecke der S-Bahnlinie S6/S68 in 2022/23

BV10/196/2021

23. November 2021

Herrn Bezirksbürgermeister
Klaus Erkelenz
c/o Bezirksverwaltungsstelle
Frankfurter Straße 231
40595 Düsseldorf

Antrag:
Für den weiteren Ausbau des RRX ist ab dem Sommer 2022 eine Vollsperrung einer Teilstrecke der S-Bahnlinie 6 über einen Zeitraum von 14 Monaten angekündigt, die erhebliche Beeinträchtigungen für die Nutzer:innen der S6 /S68 erwarten lässt. Die bisherigen unerfreulichen Erfahrungen mit Sperrungen dieser Strecke haben gezeigt, dass zur Minimierung der Auswirkungen gezielte Maßnahmen erforderlich sind, die rechtzeitig vorbereitet und umgesetzt werden müssen. Die Bezirksvertretung bittet deshalb die Stadtverwaltung, die Rheinbahn und die Vertreter:innen der Stadt Düsseldorf in der Verbandsversammlung des VRR und gegenüber der DB sich für die folgenden Punkte energisch einzusetzen bzw. bei eigener Verantwortlichkeit umzusetzen:

  1. Die Vollsperrung ist räumlich und zeitlich auf das unbedingt notwendige Minimum zu beschränken; insbesondere sollte der S-Bahnverkehr anders als bei den drei Sperrungen in diesem Jahr zwischen Düsseldorf-Hauptbahnhof und Langenfeld aufrechterhalten bleiben, wenn die Baumaßnahmen nur den nachfolgenden Streckenabschnitt betreffen.
  2. Wenn Schienenersatzverkehr tatsächlich unvermeidbar ist, sollten Schnellbusse eingesetzt werden, die die Menschen aus Hellerhof und Garath direkt nach Holthausen zum Umstieg auf die dort verfügbaren Straßenbahnen mit Anbindung an den Hauptbahnhof oder z.B. zu den Schulen in Benrath bringen.
  3. Insgesamt muss die Kapazität des Schienenersatzverkehrs der Transportkapazität (Sitz- und Stehplätze) der entsprechenden S-Bahn-Züge entsprechen.
  4. Die Fahrer:innen müssen über sichere Streckenkenntnisse verfügen und sollten den Fahrgästen Auskunft geben können.
  5. Die Fahrzeuge müssen technisch in der Lage sein, mit den Geräten der Fahrgastinformation der Rheinbahn zu interagieren.
  6. Die Haltestellen an der SEV-Strecke müssen mit Geräten zur dynamischen Fahrgastinformation ausgestattet sein. Eine eventuell vorhandene Ausbauplanung ist ggfls. so anzupassen, dass die Haltestellen an der SEV-Strecke vorgezogen werden.
  7. Die Haltestellen müssen mit Wartehäuschen und barrierefrei ausgestattet sein. Eine eventuell vorhandene Ausbauplanung ist ggfls. so anzupassen, dass die Haltestellen an der SEV-Strecke vorgezogen werden.
  8. Hinweisschilder an Umstiegspunkten sind fahrgastfreundlich auszugestalten und anzubringen.
  9. Die Einhaltung der Vereinbarungen zum Schienenersatzverkehr zwischen dem VRR als Aufgabenträger und dem EVU als Betreiber des SEV ist regelmäßig zu überprüfen.

Begründung/Sachverhalt:
Der schienengebundene Verkehr sichert die Mobilität vieler Menschen und kann zugleich einen wichtigen Beitrag zur CO2-Vermeidung und damit zum Klimaschutz leisten. Die Bezirksvertretung 10 begrüßt daher auch den Rhein-Ruhr Express (RRX), der die Mobilität in der Rhein-Ruhr-Region verbessert und die Umwelt entlastet. Zur Realisierung des RRX ist ein Ausbau der Schieneninfrastruktur erforderlich. Geplant sind die komplette Viergleisigkeit von Köln-Mülheim bis Düsseldorf-Benrath und ein sechsgleisiger Ausbau von Düsseldorf-Benrath bis Duisburg Hbf. Die zum Ausbau bereits durchgeführten Baumaßnahmen hatten massive Auswirkungen auf den bestehenden Schienenverkehr zwischen Düsseldorf und Köln. In diesem Jahr wurde in den Oster-, Sommer- und Herbstferien jeweils eine Vollsperrung der Strecke der S6/68 angeordnet und durch Schienenersatzverkehr unter teilweise für die Nutzer:innen nicht mehr zumutbaren Bedingungen ersetzt. Hiervon war auch der Streckenverlauf der S6/S68 von Langenfeld bis Düsseldorf Hbf. betroffen, auch wenn auf dieser Strecke keine Baumaßnahmen durchgeführt wurden. Zum weiteren Ausbau für den RRX im Bereich Langenfeld – Leverkusen ist eine 14monatige Streckenvollsperrung ab dem Sommer 2022 angekündigt.
Nur ein attraktiver und verlässlicher SPNV gewährleistet, dass die Menschen in den peripheren Stadtbereichen, die Pendler:innen aus dem Umland und Menschen, die zum Einkaufen oder wegen anderer Angebote in die Innenstadt von Düsseldorf fahren wollen, auf die Nutzung eines eigenen PKW verzichten. Sicherung und Ausbau des SPNV entlasten die City und sind damit ein zentraler Beitrag zur Verkehrswende. Nur über den SPNV werden hinreichende Beförderungskapazitäten generiert, die spürbare Entlastungseffekte bewirken können.
Die S6 hat insoweit für die Stadt Düsseldorf eine herausragende Bedeutung. Sie verbindet Düsseldorf nicht nur mit Essen und Köln, sondern ist auch eine ganz wichtige innerörtliche ÖPNV-Verbindung, da sie im Streckenverlauf an nicht weniger als 13 Standorten im Stadtgebiet hält und diese miteinander und mit der Innenstadt verbindet. Da an der Strecke der S6 nicht nur die Hochschule Düsseldorf in D-Derendorf, sondern auch mehrere weiterführende Schulen (z.B. in Volksgarten, Reisholz, Benrath oder Garath) liegen, wird diese Linie von vielen Studierenden und Schüler:innen als Zubringer zu ihren Bildungseinrichtungen benutzt. Gerade für die Menschen im Stadtbezirk 10, aber auch für Pendler:innen aus dem Umland wie etwa aus Langenfeld und Monheim, hat die S6 als schnelle und einzig schienengebundene Anbindung an die Düsseldorfer Innenstadt eine große Bedeutung zur Sicherung der eigenen umweltverträglichen Mobilität. D-Hellerhof liegt an der Nahtstelle der Verkehrsverbünde VRR und VRS und wird deshalb von Pendler:innen als Umsteigebahnhof vom PKW auf die S-Bahn genutzt.
Die mit den S-Bahnverbindungen bestehenden Entlastungsmöglichkeiten und Mobilitätschancen sind in der Düsseldorfer Verkehrspolitik bislang nicht hinreichend beachtet worden. Während in Großstädten wie z.B. Berlin, Hamburg, München oder Frankfurt die S-Bahnlinien integraler Bestandteil der städtischen Verkehrsnetze und -strategien sind, ist dieses Potenzial in Düsseldorf möglicherweise auch aufgrund anderer Betriebsstrukturen bislang in weitergehende verkehrspolitische Überlegungen und Zukunftsstrategien kaum einbezogen worden. Es gilt deshalb auch den Blick für die mit den Baumaßnahmen für den RRX verbundenen Auswirkungen auf den S-Bahnverkehr und in der weiteren Konsequenz für die Innenstadt zu schärfen.
Bereits jetzt steht der S-Bahnbetrieb auf der Linie S6/S68 wegen unzureichender Verlässlichkeit in der Kritik. Die S68, die zu den hohen Nutzungszeiten am Morgen und späten Nachmittag an Werktagen unterstützen soll, kommt allenfalls sporadisch zum Einsatz. Trotz der berechtigten Kritik sichert die S6 für viele Nutzer:innen aus Düsseldorf und dem Umland die tägliche umweltverträgliche Mobilitätsbasis für viele Ziele.
Vor diesem Hintergrund steht ab dem Sommer 2022 wegen Ausbaumaßnahmen für den RRX eine 14-monatige Vollsperrung der S-Bahnlinie der S6 an. Obwohl zunächst nur der Ausbau zwischen Langenfeld und Leverkusen erfolgen soll, ist derzeit unklar, ob nicht wie bei den letzten Baumaßnahmen trotzdem wieder der Betrieb auf der gesamten Strecke zwischen Düsseldorf Hbf und Köln eingestellt wird. Für die Zukunft muss außerdem durch den sechsgleisigen Ausbau ab D-Benrath und den damit verbundenen Bau eines Kreuzungsbauwerks in D-Reisholz mit neuerlichen Beeinträchtigungen im Linienverkehr der S6 gerechnet werden.
Angesichts der verkehrsmäßigen Bedeutung der S6 und in Anbetracht der im Vergleich zum Bus mehrfach höheren Transportkapazitäten gilt es, Schienenersatzverkehr möglichst zu vermeiden. Bei Schienenersatzverkehr, bei dem der Reihe nach alle Haltepunkte der S-Bahn mit dem Bus angefahren werden, sind die Fahrzeiten für Nutzende nicht nur 3 oder 4fach länger (z.B. verlängert sich die Fahrzeit mit der S-Bahn von Hellerhof zum Hauptbahnhof von 18 Minuten auf offiziell 43 Minuten mit dem Bus, was auf der Straße in stark frequentierten Zeiten aber nicht eingehalten werden kann), es zeigen sich auch immer wieder vermeidbare Defizite im Bereich der Transportorganisation und der Fahrgastinformation. In Zeiten einer Pandemie bereitet es zusätzliches Unbehagen, längere Zeit in überfüllten Bussen verbringen zu müssen. Die bisherigen Streckensperrungen haben deshalb dazu geführt, dass viele Menschen mit dem Ziel Innenstadt, insbesondere auch Pendler:innen, wieder auf das Auto umgestiegen sind. Wenn es zu längerfristigen Sperrungen kommen sollte, wird sich dieser Trend verfestigen und spürbare Auswirkungen bei den Ticketabonnements haben.
Die Bezirksvertretung sieht sich deshalb veranlasst, mit diesem Beschluss die verkehrspolitische Bedeutung von S-Bahnen und insbesondere der S6 als zentraler innerörtlicher Verbindungslinie für Düsseldorf zu betonen und frühzeitig die verantwortlichen Stellen dazu aufzufordern, die zu erwartenden Auswirkungen auf den Betrieb der S-Bahn durch die Baumaßnahmen für den RRX in den Blick zu nehmen und anzugehen. Ziel sollte es sein, den Betrieb der S-Bahn weitestgehend aufrechtzuerhalten. Wenn trotzalledem Schienenersatzverkehr unvermeidbar ist, sollten die im Beschluss aufgeführten Punkte rechtzeitig vorbereitet und umgesetzt werden.