Durch Mahd-Konzepte den Deichschutz mit Biotop- und Artenschutz vereinbaren

 
Antrag der Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz am 18.08.2022

An
Ratsherrn Peter Blumenrath
Vorsitzender des Ausschusses für Umweltschutz

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU bitten Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung am 18.08.2022 zu setzen und zur Abstimmung zu bringen:

Die Verwaltung wird beauftragt, für die Mahd der Deichwiesen im Stadtgebiet in Abstimmung mit dem Biodiversitätsbeauftragten spezifische Mahd-Konzepte zum schonenden Umgang mit den dort bestehenden ökologisch wertvollen Biotopen zu erstellen und dieses Konzept ab dem Jahr 2023 anzuwenden.

Ziel ist es, Zeitpunkt und Vorgehensweise der für die Pflege und die Kontrolle der Deiche unerlässlichen regelmäßigen Mahd so abzustimmen, dass ein (abschnittsweises) kontinuierliches Blühen gewährleistet bleibt und damit das Nahrungsangebot für Insekten, der Lebensraum für andere Tiere und das Fortbestehen der artenreichen Vegetation gesichert ist.

Die durch angepasste Mahd-Rhythmen und -Techniken gegebenenfalls entstehenden Mehrkosten sind zu beziffern.

Bei Deich-Sanierungen oder -Neubauten sollen durch Bodenauswahl und –beschaffenheit sowie ausgewählte Aussaaten von Beginn an die Entstehungen der typischen Lebensraumtypen wie Magerwiesen und Trockenrasen angestrebt werden.

Die Termine für die jährlichen Deichschauen mit der Bezirksregierung – die ein vorhergehenden Mähen erfordern – sind entsprechend zeitlich anzupassen.

Zu einer Biotop-Typen bezogenen Pflege gehört es beispielsweise: nicht vor Mitte Juni (Magerwiese) bzw. Juli (Magerrasen) zu mähen, danach Staffelmahd oder zeitlich gestaffelte Schafbeweidung, abgestimmtes Mähen von Wasser- und Landseite, zeitlich und räumlich versetzte Pflegeeinheiten und angepasste Mähtechniken wie z.B. Balken- statt Scheibenmäher zum Schutz von Insekten.

Begründung:

Die Rheindeiche in Düsseldorf erfüllen eine wichtige Aufgabe zum Schutz vor Hochwasser. Derzeit werden noch bestehende Deichlücken beispielsweise bei den Bauabschnitten 1 und 2 in Himmelgeist geschlossen. Grassoden auf der Deichoberfläche erhöhen die Stabilität des Deiches und schützen ihn vor Erosion.

Deiche sind technische Bauwerke deren Funktionsfähigkeit und ordnungsgemäßer Zustand der ständigen Beobachtung und Pflege bedürfen. Hierzu ist eine regelmäßige Mahd unerlässlich. Dies ist mit entsprechenden Mahd-Konzepten bei gleichzeitiger Schonung der besonders schützenswerten Biotope möglich.

In Zeiten des Klimawandels bieten sich Magerwiesen oder -rasen auch aus Sicht des Deichschutzes an. Trockenheit und Bodenerwärmung regt bei diesen Pflanzenarten das Tiefenwachstum der Wurzeln an, wodurch die Deichoberfläche nachhaltig gefestigt wird.

Deichwiesen werden nicht landwirtschaftlich genutzt und daher nicht gedüngt. Solche nähstoffarmen Böden gibt es nicht so häufig. Die sonnenexponierten Deichböschungen bieten optimale Bedingungen für Tier- und Pflanzenarten, die auf einen mageren, warmen und meist trockenen Standort angewiesen sind und die sich andernorts nicht ansiedeln können. Trockenrasen oder Magerwiesen sind besonders artenreich (z.B. Lebensraumtypen nach FFH-Richtlinie LRT 6510 und LRT 6210). Ihnen gilt daher unser besonderes Augenmerk, und wir regen an, mit diesen Biotopen entsprechend umzugehen.

Spätestens vor der jährlichen Deichschau, die den Deich als technisches Bauwerk begutachtet, werden die Rasenflächen regelmäßig – bislang in der Regel großflächig – gemäht, um eine Kontrolle des Deiches zu ermöglichen. Die Termine werden jedoch nicht an den Vegetationsrhythmen ausgerichtet.

Wird die gesamte Deichfläche mitten in der Blütezeit auf einmal gemäht, fällt von einem Moment auf den anderen das komplette Nahrungsangebot für die ansässige Fauna, insbesondere Insekten wie Wildbienen, weg. Gleichzeitig wird die Samenbildung verhindert, so dass die Blühpflanzen sich nicht selbst aussähen können. Als ebenso problematisch gilt es, das Mahdgut auf der Fläche zu belassen. Dieses so genannte Mulchen erhöht den Nährstoffgehalt im Boden, und die artenreichen Magerwiesen verschwinden.

Auf den Deichflächen im Stadtgebiet haben sich dank der bereits praktizierten Pflegemaßnahmen schon jetzt teilweise Biotope etabliert, die als geschützt bewertet werden.

S. LANUV: http://p62.naturschutzinformationen.nrw.de/p62/de/karten/nrw).

Mit einem biotop-angepassten Mahd-Konzept soll dieser sorgsame Umgang mit den Deichwiesen verbessert, erweitert und verstetigt werden. (S. auch: Lebensader Oberrhein, Teilprojekt Deichpflege, Vorstellung des Abschlussberichts mit Handlungs-empfehlungen Dr. Volker Späth und Anja Lehmann (ILN Bühl), Karlsruhe 2019).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Schröder und Lukas Mielczarek