FAQ zum Milliarden-Neubau der Oper

Aktualisiert 14. Juni 2023

Wir GRÜNE haben unsere Position zum geplanten Neubau der Oper in Düsseldorf ausführlich diskutiert. Die Eckpunkte:

  • Wir stehen zur Oper und wollen weiterhin eine Oper in Düsseldorf.
  • Wir sprechen uns aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und der absehbaren Kosten von einer Milliarde Euro und mehr gegen eine weitere Planung des Opernneubaus zum jetzigen Zeitpunkt aus.
  • Wir setzen uns dafür ein, die bereits identifizierten Sanierungsmaßnahmen am heutigen
    Opernhaus zügig umzusetzen und Maßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen anzugehen.

Fragen & Antworten zur GRÜNEN Position

Die zu erwartenden Kosten von 1 Milliarde Euro – 1.000 Millionen Euro – und mehr passen nicht in die aktuelle Zeit. Seit dem Start der Planungen in 2019 haben sich durch die Corona-Pandemie, den Krieg in Europa, die folgenden Energiepreissteigerungen und die Inflation sämtliche Rahmenbedingungen verändert. Auch der städtische Haushalt ist stark unter Druck – im diesem Jahr und in den kommenden Jahren plant die Stadt mit tief negativen Jahresabschlüssen. Gleichzeitig sind große Investitionen absehbar, insbesondere in Schulen und Kitas, Brückeninfrastruktur und ÖPNV-Ausbau, Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt. Daher sollte die Planung für einen wünschenswerten, aber aktuell nicht zwingend notwendigen Neubau des Opernhauses auf Eis gelegt werden.

Nein. Wir stehen zur Deutschen Oper am Rhein als zentraler Institution in Düsseldorf und zur „Opernehe“ mit Duisburg. Unabhängig von der Frage eines Neubaus streben wir weiter eine Öffnung der Oper für alle Altersgruppen und Milieus an, die aktuell keinen oder kaum Bezug zu ihr haben.

Die wesentlichen Entscheidungen für die Planung fielen 2019 und 2021. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den Folgen für die Düsseldorfer*innen sowie für die Stadt und ihre Finanzen haben wir heute aber andere Voraussetzungen. Schon in den Haushaltsberatungen Ende 2022 war spürbar, wie angespannt die Lage in der Stadt ist.
In den vergangenen Monaten haben wir über Entlastungspakete und Härtefallfonds beraten. In den Haushaltsdebatten mussten wir u. a. in der Sozialpolitik um Projekte von wenigen tausend Euro kämpfen und vergleichsweise kleine Investitionen wie der barrierefreie Umbau am S-Bahnhof Gerresheim (ca. 40 Mio. Euro) wurden vom OB aus finanziellen Gründen gestoppt. Daher ist es richtig und notwendig, die Planung für das Milliardenprojekt Opernneubau jetzt nicht fortzusetzen.

Nein, im Wahlprogramm 2020 haben wir gesagt: „Ob Sanierung oder Neubau der Oper: wir GRÜNE wollen unabhängig davon, dass die Oper sich noch stärker für die Stadtgesellschaft öffnet. Zum Beispiel als Ort der Begegnung zu den spielfreien Tageszeiten für alle Altersklassen und alle Schichten der Stadtgesellschaft oder als Labor für ungewöhnliche interdisziplinäre Kulturprojekte.“
Und im Kooperationsvertrag haben wir vereinbart: „Den gemeinsamen Ratsbeschluss [von 2019] zur Zukunft der Oper wollen wir umsetzen. Die Ergebnisse der zugehörigen Projektgruppe werden wir gemeinsam bewerten und zeitnah das weitere Verfahren gemeinsam abstimmen. Die Oper der Zukunft soll zu spielfreien Tageszeiten ein Ort der Begegnung für die Düsseldorfer Bevölkerung werden.“
Aktuell haben wir nicht eine gemeinsame Position zur Oper mit der CDU. Aufgrund der Größe des Projektes und der Auswirkungen auf die städtischen Finanzen und auf andere Themenfelder in den nächsten Jahrzehnten können wir uns an dieser Stelle aber nicht einfach dem Kooperationspartner anschließen oder einen Formelkompromiss finden. Wir hinterfragen die Planungen und ihre Folgen kritischer und kommen daher zu unserer Position.

Jetzt ist aus unserer Sicht nicht der Zeitpunkt, die Neubaupläne voranzutreiben. Wenn sich die Rahmenbedingungen wieder verbessern, wenn es beispielsweise für andere große Investitionen neue Fördemittel gibt, oder wenn sich die bauliche Situation des heutigen Hauses überraschend verschlechtert, stellt sich die Frage erneut. Dazu kann aber heute niemand eine seriöse Zeitspanne benennen. Wir gehen davon aus, dass das Haus mit den beschriebenen Instandhaltungsmaßnahmen für mindestens zehn weitere Jahre verbessert nutzbar ist. Letztendlich geht es um eine sinnvolle und vorausschauende Instandhaltung.

… zum „Deal“ von CDU und SPD

Wir GRÜNE freuen uns, dass der Oberbürgermeister und die CDU die wohnungspolitischen Ziele für die Stadt jetzt so klar unterstützen. Viele Maßnahmen wurden bereits diskutiert und vorbereitet: aktive Bodenpolitik, bezahlbare Wohnungen auf städtischen Grundstücken, Aktivierung der stätischen Tochterunternehmen zum Bau von Wohnuneg. Jetzt geht es darum, schneller in die Umsetzung zu kommen. Zusätzlich müssen wir auch im Bestand bezahlbare Wohnungen sichern und die nötigen Instrumente ergreifen.

Das eine hat mit dem anderen inhaltlich nichts zu tun. Für engagierte Wohnungspolitik muss es keinen Milliardenneubau für die Oper geben. Letztlich war es nur die politische Trophäe, die die SPD von OB Keller und die CDU verlangt hat.
Wir wollen die Chance nutzen, unsere GRÜNE Wohnungspolitik noch stärker und schneller in die Umsetzung zu bringen. Gleichzeitig sehen wir die Gefahr, dass die Milliarden-Belastung aus dem nun von der SPD mitgetragenen Opernneubau auch für die Wohnungspolitik negative Folgen hat. Denn wenn die finanziellen Spielräume enger werden und die freiwilligen städtischen Maßnahmen auf die Streichliste kommen, wird es auch in der Wohnungspolitik kritisch.

… zum heutigen Opernhaus

2017 und 2018 hatte es große technische Probleme gegeben, weshalb Aufführungen auch abgesagt oder abgebrochen werden mussten. Inzwischen wurden einige Mängel in der Bühnentechnik, in der Statik und am Dach behoben, so dass das Haus bespielbar ist. Weitere Instandhaltungsmaßnahmen werden in den kommenden Jahren nötig sein.
Grundsätzlich hat das Gebäude aber technische und funktionale Mängel wie eine fehlende zweite Seitenbühne und ungünstige Räume für die Mitarbeiter*innen. Daher wäre ein Neubau nach modernen Standards wünschenswert. Da dieser aus unserer Sicht aktuell nicht darstellbar ist, setzen wir uns neben den Instandhaltungsmaßnahmen auch für kurzfristige Verbesserungen ein. Wir wollen prüfen, ob Proben- und Übungsräume und ggf. auch andere Funktionen in andere Gebäude ausgelagert werden können.

Für die kommenden zehn Jahre wurden in 2021 diverse Maßnahmen identifiziert:  Dachsanierung, Audio und Videotechnik, Barrierefreiheit, Bestuhlung im Zuschauerraum, Scheinwerferpark, Kulissenaufzug, Haustechnik. Insgesamt wurden die Kosten in 2021 auf ca. 16,7 Millionen Euro geschätzt.
Aufgrund der realen Baukostensteigerungen in den vergangenen beiden Jahren (je ca. 15 %) läge eine aktuelle Schätzung bei ca. 21,5 Millionen Euro und würde in den kommenden Jahren auf 23 bis 29 Millionen Euro steigen. Aufgrund der bekannten Kostenrisiken bei Sanierungen im Bestand sind auch hier Steigerungen nicht auszuschließen. Die Kosten betragen trotzdem nur 2 bis 4% des möglichen Neubaus.

Aktuell beträgt der städtische Zuschuss an die Deutsche Oper am Rhein ca. 30 Millionen Euro pro Jahr, inkl. zwei Millionen für den laufenden Bauunterhalt. Weitere ca. zehn Millionen Euro Zuschuss kommen von der Stadt Duisburg und vor der Pandemie lagen die Erlöse bei ca. acht Millionen pro Jahr.

… zur Finanzierung

In 2021 wurden 712 Millionen Euro als Kostenrichtwert für einen Neubau ermittelt. Dabei handelt es sich nur um Richtwerte, die auf Basis der Flächen und des Volumens aus anderen Projekten abgeleitet wurden. Vorweg: spätere tatsächliche Kosten von 1 Milliarde Euro (das sind 1.000 Millionen Euro) und mehr sind anzunehmen.
Denn 2021 wurden Baukostensteigerungen von 4 % pro Jahr angenommen. In den vergangenen beiden Jahren lag die Steigerung aber real bei 14 % bzw. 15 %, was alleine schon den aktuellen Kostenrichtwert um ca. 110 Millionen auf über 820 Millionen Euro steigert. Da auch in den kommenden Jahren höhere Baukostensteigerungen wahrscheinlich sind und unsere Erfahrung aus allen vorherigen Großprojekten zeigt, dass im Verlauf der Planung Kostensteigerungen erfolgen, müssen wir mit tatsächlichen Kosten von 1 Milliarde Euro und deutlich mehr rechnen. Warum das trotz der Möglichkeit der Kreditfinanzierung ein Problem ist?

Ja, CDU und SPD behaupten, dass die Neubauplanung durch unsere Ideen teurer sei als nötig. Aber die oben genannten Kostenrichtwerte und der gesamte Ideenwettbewerb besieren allein auf dem Raumprogramm der Oper (hier ab Folie 24). Bislang ist nur eine Oper geplant. Wesentliche Unterschiede zu heute sind die zweite Seitenbühne, die Studiobühne, eine Probebühne, ein Restaurant und das offene Foyer. Die Behauptung, dass hier großes Sparpotenzial sei, ist schlicht falsch.

Ja, die Stadt kann und muss für große Investitionen Kredite aufnehmen. Aber das macht die Investition auch auf den jährlichen Haushalt bezogen nicht günstig. Bei einer Investition von 1.000 Millionen Euro würden alleine die Tilgung den Haushalt kräftig belasten – beispielsweise mit ca. 25 Millionen pro Jahr über 40 Jahre. Dazu kommen horrende Zinszahlungen: bei aktuell ca. 4% Zinsen sind es im ersten Jahr 40 Millionen Euro Zinszahlungen.
Kurz gesagt: Ja, die Stadt Düsseldorf hat eine gute Bonität und kann hohe Kredite aufnehmen, aber der Opernneubau würde den Haushalt in einer Größenordnung von 65 Millionen Euro pro Jahr massiv belasten. Und das für die nächsten Jahrzehnte und nur für den Bau des Hauses, ohne neues Programm und Nutzungen.

Nicht direkt. Aber der städtische Haushalt wird in den nächsten Jahren genehmigungspflichtig. Dann kann die Bezirksregierung Vorgaben machen, wo an anderen Stellen gespart werden muss und welche Gebühren oder Steuern erhöht werden müssen. Das wird zulasten der freiwilligen Leistungen der Stadt gehen, beiepielsweise der gebührenfreien Kitas, des Schulbauprogramms, der Öffnungszeiten von Bädern oder Büchereien. Klassische Stellschrauben wären dann auch die Höhe der Gewerbesteuer und die Grundsteuer.
Auch die Grenzen der Haushaltssicherung kommen in den nächsten Jahren bedrohlich nahe. Denn mit Blick auf die nötigen Ausgaben für Infrastruktur, Schule, Rheinbhan etc. sind stark negative Jahresergebnisse in den kommenden Jahren absehbar.

Vergleiche sind immer eine heikle Angelegenheit. Trotzdem ein paar Annäherungen:
– Die Sanierung des Schauspielhauses, die der damalige OB Geisel aus Kostengründen in Frage gestellt hat, kostete insgesamt ca. 37 Millionen Euro (21 Mio. Dach und Fach, 16 Mio. Innenbereiche)
– Die laufende Sanierung und Erweiterung des Kunstpalastes kostet voraussichtlich 46 Millionen Euro
– Der Bau der Kö-Bogen-Tunnels und der öffentlichen Plätze, Flächen und Wege kostete ca. 380 Mio. Euro
– Die gesamte Wehrhahnline kostete ca. 1 Milliarde Euro, wovon die Stadt aber aufgrund von Fördermitteln „nur“ ca. ein Viertel stemmen musste
– Das große Schulbauprogramm umfasst ca. 1,4 Milliarden Euro für dutzende Schulen über zwölf Jahre (2014-2026)

Der Opernneubau ist also tatsächlich außergewöhnlich und liegt als Einzelprojekt bei einer nie dagewesenen Höhe. Auch innerhalb des Kulturhaushaltes würde die Oper zum absolut dominanten Projekt und die Gefahr wäre groß, dass an anderen Stellen gespart werden müsste:
– Aktuell beträgt der jährliche Zuschuss an die Oper ca. 30 Mio. Euro. Die zusätzliche jährliche Belastung durch einen Neubau läge geschätzt bei über 40 Mio. Euro für Zinsen und Abschreibungen.
– Der Kulturhaushalt insgesamt beträgt 2023 ca. 190 Mio. Euro

Aufgrund der Haushaltslage überprüft die Stadtverwaltung bereits alle Planungen. Bislang wurden wenige Projekte komplett abgesagt, mit Ausnahme des barrierefreien Umbaus am S-Bahnhof Gerresheim (ca. 40 Mio. Euro), den der OB stoppen möchte.
Absehbar werden Maßnahmen vertagt oder gestreckt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Projekte der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Infrastruktur für die Energie- und Verkehrswende unvermindert angegangen und beschleunigt werden. Im Vergleich dazu ist der Opernneubau aktuell nicht zwingend und – ohne Polemik – ein Luxusprojekt.

… zur bisherigen Planung und zum Standort

Die bisherigen Untersuchungen waren nötig, um das heutige Gebäude mit seinen Risiken und Möglichkeiten sowie die möglichen Standorte zu analysieren. Obwohl die Planungen aus unserer Sicht auch jenseits der Kostenfrage nicht zufriedenstellend waren, sie bleiben als Basis für die Instandhaltung des Gebäudes und für eventuelle spätere Neuauflagen der Planung verwertbar. Wir setzen uns dafür ein, dass die bereits identifizierten Sanierungsmaßnahmen am heutigen Opernhaus nach einer erneuten Bestandsaufnahme ebenso zügig umgesetzt werden wie Maßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter*innen.

Auch die bisherige Standortsuche müsste aus unserer Sicht hinterfragt werden. Denn der städtebauliche Ideenwettbewerb hatte zuletzt das Dilemma deutlich gemacht: am Wehrhahn wären wir auf eine Kooperation mit Signa und Rene Benko angewiesen, was niemand wirklich riskieren möchte; das heutige Grundstück ist aber schlicht zu klein für einen Neubau – es sei denn, man greift massiv in den Hofgarten ein. Keiner der ausgezeichneten Entwürfe für die Heine-Alle hat das Problem tatsächlich gelöst.

Für die Heine-Alle wurden zwar vier Entwürfe ausgezeichnet (für den Wehrhahn nur drei), aber kein Entwurf hat tatsächlich eine praktikable Lösung für den Standort gefunden. DieAnmerkungen der Jury, die zu jedem Entwurf auch veröffentlicht wurden, zeigen das gut auf:
Der Entwurf von Snoetta schafft eine schöne Forums- und Foyerzone, greift dafür aber viel zu sehr in den Hofgarten ein. Gleichzeitig sind die funktionalen Bereiche an der anderen Seite nicht gelöst. Ob das lösbar ist, ist völlig unklar. (Details hier auf den Folien 7 und 8)
Larsen/Meyer haben lange Wege, kein großzügiges Forum/Foyer und ihre Anlieferung funktioniert so nicht. Auch hier wäre mehr Platz nötig. (Details hier Folien 7 und 8)
Ingenhovens Entwurf geht viel zu nah an die Landskrone ran, ist in dieser Länge für die Bedarfe der Oper aber eigentlich noch zu kurz – klingt nicht lösbar. (Details hier Folien 9 und 10)
HPP hat die für die Platzbedarfe die scheinbar besten Lösungen. durch die Auskragungen würde aber auch er weit in den heutigen Hofgarten eingreifen (darunter hält sich kein Baum) und das Gebäude würde besonders teuer aufgrund der aufwendigen Statik für die Auskragungen und der Technik für die Anlieferungen (LKW-Aufzug und Drehscheibe) (Details hier Folien 7 bis 9)

Es gäbe ein paar grundsätzliche Fragen, die im bisherigen Diskussionsprozess nicht durchgedrungen sind. Muss der große Saal der Oper genau so groß sein wie heute? Der Zuschauerarum ist ein zentrales Element der Planung. Durch eine Verkleinerung könnten neue Planungsmöglichkeiten entstehen.
Auch beim Betrieb der Oper wären Alternativen denkbar. Denn heute wird jeden Tag ein anderes Stück gespielt, wird für jede Aufführung die Kulisse und alles drum und dran neu aufgebaut und vorbereitet. Ein Wechsel von diesem sogenannten Repertoirbetrieb zu einem Stagionesystem, in dem mehrere Tage hintereinader das gleiche Stück gespielt wird, würde viele Abläufe erleichtern. Auch Mischformen („Semi-Stagione“) wären denkbar.