FAQ Überprüfung von Straßennamen in Düsseldorf 29. Oktober 201829. Oktober 2018 29.10.2018 Der Kulturausschuss hat eine Überprüfung der Straßen- und Platz-Namen in Düsseldorf beschlossen – einstimmig und fraktionsübergreifend. Das Thema sorgt oft für emotionale und kontroverse Debatten. Auch jetzt gibt es teilweise Spekulationen, die zu vielen Fragen führen. So berichtet die „Bild“, dass auch die Benennung nach dem Hitler-Attentäter Graf Stauffenberg überprüft würde. Die Westdeutsche Zeitung und die Rheinische Post berichten ebenfalls, aber wesentlich sachlicher. Die wichtigstern Fragen und Antworten: Was wird überprüft? In Düsseldorf gibt es knapp 3.500 Namen, nach denen Straßen oder Plätze benannt sind. Davon sind etwa 30 Prozent nach Personen benannt. Diejenigen, die nach 1870 verstorben sind, werden überprüft. Personen, die vor 1870 gestorben sind (z.B. Maximilian-Weyhe-Allee) und vormoderne Herrscher*innen (z.B. Graf-Adolf-Platz) werden nicht überprüft, da hier die Bewertungskriterien einer demokratischen, aufgeklärten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht angelegt werden können. Auch Funktionsnamen wie der Marktplatz, Tier- und Planzennamen oder Benennungen nach Orten (Auf’m Hennekamp, Kölner Straße) werden nicht überprüft. Ausnahmen sind Bezeichnungen mit kolonialgeschichtlichen oder militärhistorischen Bezügen (Beispiel: Sedanstraße, Spichernplatz). Warum werden die Namen überprüft? Es kommt wiederholt zu Zweifelsfällen, ob die Menschen, nach denen Straßen benannt wurden, diese hohe Ehrung verdienen. Kritisch sind insbesondere nationalsozialistische, rassistische oder koloniale Vergangenheiten, die in Frage stellen, ob sie auch heute als gesellschaftliche Vorbilder taugen. Straßennamen werden an Person verliehen, die Vorbildcharakter haben. Ihr Name soll moralisch-ethische Orientierung bieten und eine Leistung würdigen (politisch, sozial, künstlerisch oder ökonomisch). Neben der Ehrenbürgerwürde oder anderen Auszeichnungen (Jan-Wellem-Ring, Martinstaler) sind Straßenbenennungen für die Stadt eine wichtige Möglichkeit, Menschen zu würdigen. Meist wurden Straßennamen posthum verliehen. Wie läuft die Untersuchung? Ein wissenschaftlicher Beirat unter der Leitung von Dr. Benedikt Mauer (Stadtarchiv) und Dr. Bastian Fleermann (Mahn- und Gedenkstätte) erarbeitet Empfehlungen, ob tatsächlich eine Straße umbenannt wird, kann am Ende nur der Stadtrat entscheiden. Im Beirat diskutieren Historiker*innen, Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und Vertreter*innen aller Ratsfraktionen (letztere ohne Stimmrecht bei den Empfehlungen). Die Recherche leisten das Stadtarchiv und die Mahn- und Gedenkstätte, unterstützt durch eine zeitlich befristet angestellte Projektmitarbeiterin. Bislang wurde das gesamte Straßenverzeichnis durchgearbeitet: Gibt es Zusammenhänge zu Verbrechen im Kolonialismus? Hatte die Person Verbindung mit Rassismus, Antisemitismus, Minderheitenverfolgung, Chauvinismus oder Militarismus? Oder gibt es biografische Bezüge zur NS-Diktatur oder zur NSDAP? Aktuell werden zu ca. 100 Personen genauere Gutachten erstellt. Im nächsten Schritt diskutiert der Beirat die untersuchten Persönlichkeiten und bildet drei Kategorien: von „schwer belastet/nicht haltbar“ über „diskussionswürdig, teilweise belastet“ bis „unbelastet“. Ob es tatsächlich zu einer Umbenennung kommt kann am Ende nur der Stadtrat entscheiden. Der Beirat gibt nur Empfehlungen ab. Es gibt keinen Automatismus zur Umbenennung, falls eine oder mehrere der genannten Fragen bejaht werden. Die Person ist immer in ihrem historischen Kontext zu sehen. Ein einzelner Aspekt wird niemals isoliert betrachtet. In der Diskussion wird das Spannungsverhältnis deutlich: zwischen der damaligen Ehrung und einer möglicherweise notwendigen, wenn auch unbequemen heutigen Erinnerung. Warum wird beispielsweise Graf von Stauffenberg untersucht? Der Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg wurde 1944 von den Nazis hingerichtet. Nach ihm ist in Düsseldorf-Hellerhof eine Straße benannt. Im Rahmen der aktuellen Überprüfung wird auch über ihn ein Gutachten erarbeitet, da er eine widersprüchliche Persönlichkeit war und einen wechselnden Lebenslauf hatte. Er begrüßte die Machtergreifung Hitlers und tätigte antisemitische Äußerungen. Daher ist die Benennung nach ihm kein eindeutiger Fall. Der Beirat wird auf Basis des Gutachtens diskutieren und sein Leben, seine Lebensleistung insgesamt bewerten. Darin hat natürlich sein Engagement im Widerstand gegen Hitler und das Attentat ein hohes Gewicht.