Geburtsurkunden für Kinder Geflüchteter

15. Mai 2019

Antwort der Verwaltung

An
Frau Katharina Kabata
Vorsitzende des Integrationsrates

Sehr geehrte Frau Kabata,

die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bittet Sie, folgende Anfrage auf die Tagesordnung der Ausschusssitzung am 15.05.2019 zu nehmen und durch die Verwaltung beantworten zu lassen:

  1. Für wie viele Kinder, deren Eltern ihre Identität nicht durch entsprechende Dokumente nachweisen konnten, wurde im Jahr 2018 eine Geburtsurkunde beantragt und wie lange dauerte es bis zu deren Erteilung, bzw. bis zur Ausstellung eines Auszuges aus dem Geburtsregister? (Bitte nach Herkunftsländern der Eltern aufschlüsseln)
  2. Für wie viele Kinder wurde aufgrund fehlender Dokumente der Eltern das Beurkundungsverfahren nicht eingeleitet?
  3. In wie vielen Fällen im Jahr 2018 wurde die Identität der Eltern durch eine „Versicherung an Eides statt“ nach § 9 Abs.2 Personenstandsgesetz abgenommen?

Sachdarstellung
Aus den Reihen der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuer*innen, sowie von in dem Bereich tätigen Rechtsanwält*innen gibt es immer wieder Beschwerden, dass das Standesamt sich weigere, bei fehlenden Identitätsdokumenten der Eltern einen Auszug aus dem Geburtsregister zu erstellen, damit die Eltern die Möglichkeit haben, das Kind bei der Krankenkasse, der Familienkasse oder sonstigen Behörden anzumelden. Auch dauere das Verfahren, bis letztendlich dann (pflichtgemäß) ein solcher Auszug ausgestellt werde unverhältnismäßig lange. Die gesetzliche Möglichkeit nach §9 Abs.2 Personenstandsgesetz, eine eidesstattliche Versicherung der Eltern anzunehmen, werde kaum bis gar nicht praktiziert.

Am 24.09.2018 fand ein gemeinsames Gespräch mit dem Standesamt statt, bei dem auch hauptamtliche Flüchtlingsbetreuer*innen sowie der Flüchtlingsrat zugegen waren. Im sogenannten „Netzwerktreffen der hauptamtlichen Flüchtlingsbetreuer*innen“ war das Standesamt am 17.01.2019 zu Gast, um die Gründe für die zurückhaltende Ausfertigung von Registerauszügen zu erläutern.

Dies stieß auf gewisses Verständnis, jedoch überwog die Erfahrung, dass Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, solange ihre Identität nicht nachweisen werden, solange sie eine Abschiebung in ihr Heimatland befürchten müssen. Somit „haftet“ das Kind für ein mögliches Fehlverhalten der Eltern. Dies ist nach dem Diskriminierungsverbot des Artikel 2 der UN-Kinderrechtskonvention, der auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, unzulässig.

Ebenso fordert die genannte Konvention in Artikel 7:
„Das Kind ist unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register einzutragen und hat das Recht auf einen Namen von Geburt an, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden.
Die Vertragsstaaten stellen die Verwirklichung dieser Rechte im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und mit ihren Verpflichtungen aufgrund der einschlägigen internationalen Übereinkünfte in diesem Bereich sicher, insbesondere für den Fall, dass das Kind sonst staatenlos wäre.“

Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, dass Eltern durch eidesstattliche Versicherung ihre Identität und ihren Familienstand belegen, dieses Verfahren ist in §9, Abs. 2 Personenstandsgesetz geregelt.

Im Übrigen wird seitens des Standesamtes immer wieder die „Minderwertigkeit“ eines solchen Auszuges im Bezug zu einer „richtigen“ Geburtsurkunde betont. Demgegenüber hat die Bundesregierung zuletzt in Beantwortung einer Anfrage eindeutig festgestellt, dass ein Kind nach § 35 der Personenstandsverordnung (PStV) auch dann zu registrieren ist, wenn die erforderlichen Dokumente der Eltern nicht vorliegen und dass dieser Registrierung nach §§54,55 PStV die gleiche Beweiskraft wie einer Geburtsurkunde zukommt.

Mit freundlichen Grüßen

Angela Hebeler