Palliativmedizinische Versorgung (ambulant / stationär) in Düsseldorf für Erwachsene, Kinder und Jugendliche

26. Oktober 2016

Antworten der Verwaltung

An
Herrn
Olaf Lehne
Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit und Soziales

Sehr geehrter Herr Lehne,

die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bittet Sie, folgende Anfrage auf die Tagesordnung der Sitzung am 26. Oktober 2016 zu nehmen und durch die Verwaltung beantworten zu lassen:

1. Inwieweit hat die Verwaltung ihre Planungen für die Hospiz- und Palliativversorgung in Düsseldorf auf das im November 2015 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung (HPG) abgestellt und welche konkreten Schritte wurden bereits eingeleitet?

2. Wie viele Ärztinnen und Ärzte haben nach aktuellem Stand in Düsseldorf die Zusatzqualifikation für (ambulante) Palliativmedizin, wie viele Ärztinnen und Ärzte arbeiten Vollzeit in der Palliativversorgung, und wie hoch ist die Empfehlung je 100.000 Einwohner*innen (bitte mit Namen und Bezirksadressen)?

3. Wie hoch ist derzeit die Anzahl der stationären Betten und wie viele sind in Planung in Düsseldorfer Hospizen / Palliativstationen (bitte mit Träger / Wartezeiten / aktuellem Bedarf und getrennt nach Palliativstationen / Hospizen)?

Sachdarstellung
Selbstbestimmtes Leben und Erhalt der Lebensqualität stehen zunehmend im Vordergrund für Patient*innen, die schwer, chronisch oder ohne Heilungschancen erkrankt sind und / oder nur eine kurze Lebenserwartung haben sowie für Pflegebedürftige mit einer „längeren bis langen“ Lebenserwartung.

70 % der Bürgerinnen und Bürger möchte zu Hause sterben, 27 % in Hospizen. Die große Mehrheit möchte dabei möglichst von Lebenspartner*innen (82 %) oder Familienangehörigen (70 %) begleitet werden. Nur 6 % möchte die letzten Tage im Krankenhaus verbringen, tatsächlich stirbt nahezu jede/r Zweite im Krankenhaus. Viele Menschen brauchen also am Lebensende eine palliative Begleitung. Palliativmedizin gehört somit ins Zentrum der Heilkunde.

Darauf muss sich die Landeshauptstadt Düsseldorf mehr und besser einstellen, mehr Ressourcen schaffen und das bestehende Angebot, konzeptionell und ausreichend, ganzheitlich im Sinne der Palliative Care überprüfen und zeitgemäß und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert aus- und umbauen.

Im November 2015 wurde das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung (HPG) im Deutschen Bundestag verabschiedet.

Damit wird Palliative Care ausdrücklicher Bestandteil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und Sterbebegleitung ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrages der Pflegeversicherung. Versicherte haben gegenüber ihrer Krankenkasse Anspruch auf individuelle Beratung bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Leistungen der Palliative Care. Außerdem soll Palliativpflege, die innerhalb der häuslichen Krankenpflege geleistet wird, für Pflegedienste abrechenbar werden.

Modellbeispiele:
– Baden-Württemberg: Durch Ausbau der ambulanten palliativen Versorgung sterben nur noch 41 % im Krankenhaus.
– Westfalen-Lippe: Seit 2009 koordinieren Hausärzt*innen die ambulante Palliativversorgung.
– Im Bereich KV Nordrhein: Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAVP)

Siehe u. a.:
– Repräsentative Studie der Stiftung „Zentrum der Qualität in der Pflege“ (November 2014)
– „Faktencheck Gesundheit“ (Studie der Bertelsmann-Stiftung) (November 2015)

Basisprinzipien für die Palliative Care
– Die Behandlung der / des Patient*in findet in unterschiedlicher Umgebung statt (ambulant, stationär, zu Hause, Pflegeheim o. a.).
– Die Ver- und Umsorgung erfolgt durch ein erfahrenes, multi-professionelles Team, d. h. durch unterschiedliche Professionen: Medizin, Pflege, Seelsorge, Psychotherapie u.a.
– Die Kontrolle belastender Symptome, insbesondere des Schmerzes, erfolgt durch Spezialist*innen.
– Kompetente Pflege durch erfahrenes Pflege(fach)personal rund um die Uhr / 7 Tage. Das Behandlungsteam wird von einem geeigneten Teammitglied geleitet.
– Die Bedürfnisse von Patient*innen und ihrer / seiner An- und Zugehörigen werden systemisch betrachtet.
– Freiwillige (Ehrenamtliche) sind integraler Bestandteil des versorgenden Teams und werden auf diese Aufgabe sorgfältig vorbereitet und dabei begleitet. Es gilt der Grundsatz „high person, low technology“, d. h. die menschliche Zuwendung tritt in den Vordergrund, das medizinisch mit viel technischem Aufwand Machbare in den Hintergrund. Ziel der Therapie ist die Lebensqualität des Patienten.
– Die zentrale Administration ist (ständig) erreichbar.
– Anschließende Trauerbegleitung auf Wunsch
– Forschung, Dokumentation und Auswertung der Behandlungsergebnisse
– Lehre (Unterricht und Ausbildung von Ärzt*innen, Pflegekräften, Sozialarbeiter*innen und weiterer Professionen)
– Engagement und Hingabe (das Begleiten schmerzlicher Umstände erfordert eine gewisse Reife, Mitgefühl und Verständnis)

Definition Palliative Care der WHO (seit 2002)
„…ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und deren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen: durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, untadelige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“.

Mit freundlichen Grüßen

Angela Hebeler                         Susanne Ott                   Brigitte Reich