Mobilitätsstrategie der GRÜNEN im Großraum Düsseldorf: Gemeinsame Erklärung

Erklärung des GRÜNEN Mobilitätsgipfels am 20.April 2022 in Düsseldorf

Eine Region – gemeinsame Herausforderungen:

Die Region im Großraum Düsseldorf ist als Lebens- und Wirtschaftsraum insbesondere mit den Städten des Kreises Mettmann und des Rhein-Kreis Neuss sehr eng verflochten. Starke Pendler*innenströme bewegen sich innerhalb dieser Region, die vor gemeinsamen Herausforderungen steht: stetig steigende PKW-Neuzulassungen, Staus in den Städten und auf den Autobahnen, vollgeparkte Straßen, ein mangelhaft abgestimmtes und unzureichendes ÖPNV-Netz, fehlende Radinfrastruktur, Verkehrstote und -verletzte, Luft- und Lärmbelastung, ein hoher Anteil des Verkehrs am Ausstoß von Treibhausgasen.

Trotzdem gibt es aktuell keine gemeinsame Wahrnehmung, keine gemeinsame Mobilitätsstrategie, keine einheitliche Taktung in der Region. Der Ausbau des Mobilitätsangebots und dessen Weiterentwicklung befindet sich auf einem sehr unterschiedlichen Stand.

Verschärfend kommt hinzu, dass in den nächsten 15 Jahren durch die Verbesserung und den Ausbau der Schieneninfrastruktur sehr viele Großbaustellen geplant sind, die zu Vollsperrungen auf diversen Bahnstrecken führen. Das ohnehin überlastete System droht zu entgleisen, die dringend nötige Verkehrswende könnte stocken, die Mobilitätsgarantie wird gefährdet.

Dies liegt auch daran, dass Mobilität derzeit noch getrennt von anderen Politikfeldern betrachtet wird. Daher fordern wir grüne Mobilitätspolitiker*innen aus dem Großraum Düsseldorf einen gemeinschaftlichen und ganzheitlichen Ansatz ein.

Gründe und Ziele für eine Mobilitätswende

Die Mobilitätswende muss endlich Fahrt aufnehmen, damit auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Die Wende erhöht darüber hinaus Lebensqualität, wenn der städtische Raum zugunsten der Menschen neu aufgeteilt wird. Lärm- und Luftverschmutzung sinken. Da nachhaltige Verkehrskonzepte auf die Bereitstellung von zuverlässiger, bequemer Mobilität für Alle ausgerichtet sind, fördern sie soziale Gerechtigkeit, Barrierefreiheit sowie gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Peripherie.

Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir zuverlässige inter- und multimodale Mobilitätsangebote schaffen, die ohne Brüche und ohne aufwendige Planung nutzbar sind. Hierfür wollen wir Mobilität als Querschnittsthema zu Stadtentwicklung und -planung, Wohnen, Bildung, Wirtschaft und Kultur etablieren und gemeinsam denken und planen.

Dies gelingt nur, wenn wir Anreize zum Umsteigen schaffen, die neben Pull-Faktoren auch Push-Faktoren umsetzen. Unser Ziel ist es, den PKW-Verkehr am Modal Split signifikant zu verringern und die Umverteilung des öffentlichen Raums voranzutreiben.

Konkrete Projekte für den Großraum Düsseldorf

Ein wichtiger Pfeiler der Mobilitätswende im Großraum Düsseldorf ist der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Hierfür muss zeitnah über die Zukunft der S 68 und die Ratinger Weststrecke entschieden werden. Auch die Verlängerung der S 28 nach Viersen unterstützen wir weiter und setzen uns dafür ein, die Umsetzung zu beschleunigen. Die Reaktivierung von abgebauten Schienenverbindungen (wie z.B. die Niederbergbahn) werden wir in die Prüfung geben. Der umfangreiche Ausbau und die erhebliche Beschleunigung des S-Bahnnetzes Rheinisches Revier über Düsseldorf und Neuss nach Grevenbroich und Bedburg ist für uns ein weiteres wichtiges Projekt für die Region. Darüber hinaus wollen wir die Schaffung neuer S-Bahn Direktverbindungen von Düsseldorf/Neuss über Meerbusch und Uerdingen nach Moers schnell umsetzen.

Im Rahmen einer verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit wollen wir zunächst den Ausbau der U81 schnell vorantreiben und die U76 optimieren. Darüber hinaus wollen wir damit beginnen, gemeinsam mit den umliegenden Städten den Ausbau des Stadtbahnnetzes zu planen, um mittelfristig ein für den Massenverkehr taugliches, komfortables und zudem emmissionsfreies Angebot zu schaffen, das Fahrten mit dem eigenen PKW überflüssig macht. 

Neue Schnellbuslinien – auch als Zwischenlösung – können zügig eingerichtet werden, da hierfür kein Aufbau einer eigenen Infrastruktur nötig ist. Als Teil eines integrierten regionalen Mobilitätskonzepts wollen wir Schnellbuslinien ausbauen und im Takt verstärken.

In der gesamten Region wollen wir eine einheitliche, aufeinander abgestimmte Taktung von SPNV und Nahverkehr erreichen. Auch der Takt in den Randzeiten muss deutlich verbessert werden. Unser Ziel lautet: Eine Region – ein Takt – ein Netz. Hierzu gehören auch attraktive Pendler*innentickets, die neue Arbeitsgewohnheiten wie Homeoffice flexibel berücksichtigen. Zudem fordern wir eine Vereinheitlichung, Vereinfachung und Vergünstigung des Tarifs innerhalb der Region. Als ersten Schritt sehen wir die Abschaffung der künstlichen Wabe “Rheinpark-Center” zwischen Neuss und Düsseldorf sowie ein Abschmelzen des Preissprungs zwischen den Preisstufen A und B.

Um lückenlose Mobilität möglich zu machen, wollen wir Sharing-Dienste etablieren, die innerhalb der ganzen Region nutzbar und im Nahverkehrstarif enthalten sind. Sharing darf nicht an den Stadtgrenzen enden. Darüber hinaus wollen wir On-Demand-Systeme für die Peripherie einführen, damit auch hier Mobilität für Alle garantiert ist. Auch die an vielen Orten bereits vorhandenen oder geplanten Bürger*innenbusse wollen wir in das Mobilitätsnetz einbinden.

Durch den massiven Zuwachs an E-Bikes hat sich der Radius für Radfahrer*innen stark erhöht. Dies ist sowohl für die Freizeitmobilität als auch Pendelverkehre von hoher Bedeutung. Daher wollen wir die Radschnellwege und -vorrangrouten innerhalb der Region mit Knotenpunktsystem und transparenten lokalen Anschlüssen nach niederländisch-belgischen Vorbild zügig planen und umsetzen.

Gemeinsame Lösungen

Wir wollen, dass die Menschen im Großraum Düsseldorf ohne eigenes Auto mobil sein können. Die ambitionierten Ziele der Kommunen brauchen eine regionale Entsprechung. Bis 2030 sollen mindestens doppelt so viele Wege in der Region mit dem Rad oder dem ÖPNV zurückgelegt werden. 

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die Mobilitätswende groß denken, mutig sein und viel Geld in die Hand nehmen. Dabei sind wir auf eine Finanzierung durch Bund und Land angewiesen, da die Kommunen die massiven Investitionen in die Infrastruktur und die laufenden Betriebskosten nicht alleine stemmen können.

Konkret wollen wir alle Nahverkehrspläne der Region synchronisieren, da diese das Herzstück des ÖPNV-Angebots darstellen. Dafür müssen planungs- und projektbezogene Strukturen zur regionalen Verwaltungszusammenarbeit geschaffen werden. Die Städte und Kreise der Region müssen gemeinsame Kriterien und Qualitätsstandards erarbeiten und eine abgestimmte Stellungnahme der Region zum Nahverkehrsplan des VRR zum SPNV abgeben. In diesen Prozess müssen Fahrgastbeiräte, Bürger*innenbeteiligung und insbesondere Kinder und Jugendliche eingebunden werden.

Darüber hinaus fordern wir eine gemeinsame P+R Strategie im Großraum Düsseldorf, welche Pendler*innenströme berücksichtigt und lenkt. Auch eine gemeinsame Sharing-Strategie, die Einbettung von Sharing-Diensten in den Nahverkehrstarif und den Aufbau von integrierten On-Demand-Systemen wollen wir erarbeitet und umgesetzt wissen.

Kurzfristig wollen wir alle Maßnahmen, die schnell, unkompliziert und ohne große Infrastrukturarbeiten umzusetzen sind, vorziehen (z.B. Schnellbusse) und in den regionalen Nahverkehrsplan einbetten. Dort, wo der Schienenverkehr durch Bauprojekte hakt, muss attraktiver Ersatz geschaffen werden, der die Reisezeit nicht um ein Vielfaches verlängert.

Innerhalb der Verwaltungen müssen Strukturen für Schnittstellen mit der Stadtplanung und   -entwicklung geschaffen werden, um insbesondere bei der Erschließung von Neubau- und Gewerbegebieten nachhaltige Mobilitätsangebote von Anfang an mitzuplanen. Neue Baugebiete wollen wir autofrei oder autoreduziert planen, z.B. durch attraktive ÖPNV-Anbindungen, Stellplatzsatzungen für Fahrräder, E-Bikes und Lastenräder sowie Angebote für Quartiers-Sharing und -garagen.

Neben den Anreizen zum Umsteigen wollen wir auch die Umsetzung von Push-Faktoren koordinieren. Wir fordern einen regionalen Abgleich von Strategien zu Parkraummanagement, Stellplatzsatzungen und zur Umverteilung des öffentlichen Raums.



Teilgenommen haben:

Grüne Kreistagsfraktion Mettmann: Ina Besche-Krastl und Norbert Stapper

Grüne Kreistagsfraktion Rhein-Kreis Neuss: Erhard Demmer

Grüne Ratsfraktion Düsseldorf: Mirja Cordes und Norbert Czerwsinki

Grüne Ratsfraktion Duisburg: Michael Kleine-Möllhoff

Grüne Ratsfraktion Erkrath: Annerose Rohde

Ratsfraktion Grün-Alternative-Liste Haan: Peter Schniewind

Grüne Ratsfraktion Meerbusch: Barbara Neukirchen und Jürgen Peters

Grüne Ratsfraktion Mettmann: Rebecca Türkis

Grüne Ratsfraktion Neuss: Andrea Wilhaus und Manfred Haag

Grüne Ratsfraktion Ratingen: Edeltraut Bell

Die gemeinsame Erklärung zum GRÜNEN Mobilitätsgipfel am 20.04.2022 gibt es hier als PDF.