Deutsche Oper am Rhein – Opernhaus der Zukunft

15. Juni 2023

Änderungsantrag der Ratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Vorlage KUA/041/2023

An
Herrn Oberbürgermeister Dr. Keller
Vorsitzender des Rates

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir bitten Sie, folgenden Änderungsantrag auf die Tagesordnung der Sitzung zu setzen und abstimmen zu lassen.
Antrag

  1. Der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf nimmt die Ergebnisse des städtebaulichen Ideenwettbewerbs zur Kenntnis beschließt den Standort Heinrich-Heine-Allee für die Umsetzung eines Neubaus des Opernhauses der Zukunft.
  2. Der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf beauftragt die Verwaltung:
    a) die Bestandsaufnahme des Gebäudes der Deutschen Oper am Rhein an der Heinrich-Heine-Allee zu aktualisieren, die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen zu priorisieren und die jeweiligen Beschlussvorlagen rechtzeitig vorzulegen einen Architekten- und Ingenieurwettbewerb für das Opernhaus der Zukunft am Standort Heinrich-Heine-Alle vorzubereiten,
    b) mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Umsetzung der Interimsspielstätte,
    c) Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Bestandsgebäude zu prüfen und die Ergebnisse dem Kulturausschuss sowie dem Rat vorzulegen die dargestellten sonstigen Schritte (siehe Punkt 4.3) für die Planung des Neubaus vorzubereiten,
    d) die vorgenannten Planungs- und Bauaufgaben an das städtische Tochterunternehmen Immobilien Projekt Management Düsseldorf GmbH (IPM) in Bauherrenfunktion zu übertragen.
  3. Der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf stimmt der überplanmäßigen Mittelbereitstellung in Höhe von 720.000 2.840.000 EUR durch Frau Stadtkämmerin Schneider zu. Die weitere Mittelbereitstellung erfolgt auf Basis der Punkte 2 a) und c) Im Haushalt 2024 werden zusätzliche erforderliche Mittel (siehe Seite 11) in Höhe von 1.310.000 EUR bereitgestellt. Die Stadtkämmerin wird ermächtigt die Mittel auf dem Produkt 7.90000668, Konto 78510000 bereitzustellen.

Begründung:
Veränderte Rahmenbedingungen und langfristige Verantwortung
Seit dem Start des Prozesses in 2017 und seit den grundsätzlichen Beschlüssen in 2019 und 2021 zur Perspektive der Oper und ihres derzeitigen Gebäudes haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen der Landeshauptstadt Düsseldorf drastisch verändert. Corona-Pandemie, der russische Krieg gegen die Ukraine, Energiekrise, Inflation und sprunghaft steigende Baukosten hinterlassen im städtischen Haushalt tiefe Spuren. Die zusätzlichen Haushaltsbelastungen laufen bis Ende 2024 laut Oberbürgermeister Keller auf ca. 1,15 Milliarden Euro hinaus, ohne die zukünftigen Kosten eines Opernneubaus.

Gleichzeitig stehen wir vor großen Herausforderungen: hohe dreistellige Millionenbeträge stehen für die Sanierungen oder Neubauten der Theodor-Heuss-Brücke und der Südbrücke in den nächsten Jahren an, weitere hunderte Millionen benötigen wir für die noch nicht realisierten Schulbauten, die Rheinbahn hat stark steigende Investitions- und Zuschussbedarfe im Milliardenbereich über die nächsten 10 Jahre, weiterhin sind hohe Aufwendungen für den Klimaschutz, soziale Leistungen und die Integration nötig. Auch im Bereich der Kulturgebäude stehen zahlreiche Investitionen in Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen an, unter anderem beim Aquazoo, beim Tanzhaus und bei der Tonhalle.

Ein Milliarden-Neubau für die Oper käme hinzu und müsste komplett über Kredite finanziert werden. Der Druck auf andere Projekte und andere Ausgaben im städtischen Haushalt würde spürbar steigen. Schon jetzt stehen notwendige Maßnahmen wie der barrierefreie Ausbau des S-Bahnhofs Gerresheim in Frage und weitere notwendige Maßnahmen in die städtische Infrastruktur werden gestreckt, um Geld zu sparen.

Spätestens 2025 ist die Ausgleichsrücklage der Stadt aufgezehrt, unser Haushalt wird durch die Bezirksregierung genehmigt werden müssen und wir verlieren Entscheidungsspielräume. Sollte sich der negative Trend in der mittelfristigen Planung fortsetzen, werden auch die Grenzen der Haushaltssicherung relevant. In der Haushaltssicherung – aber auch schon zuvor, wenn sie der Stadt nur droht – werden wir gezwungen sein, freiwillige Leistungen der Stadt in den Bereichen Kultur, Schule und Bildung und Soziales zu kürzen und Gebühren oder Steuern zu erhöhen.

Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und mit Blick auf die Herausforderungen und unsere langfristige Verantwortung, sprechen wir uns gegen eine weitere Planung des Milliarden-Neubaus zum jetzigen Zeitpunkt aus.

Standort am Hofgarten nur bedingt geeignet
Nicht nur die Rahmenbedingungen auch die Planungsinhalte sind kritisch zu betrachten. Denn der Ideenwettbewerb hat gezeigt, dass der Standort an der Heinrich-Heine-Allee für einen Neubau realistisch betrachtet zu klein ist. In keinem der Entwürfe ist das geforderte Raum- und Funktionsprogramm umsetzbar ohne massive Eingriffe in den Hofgarten. Dies wird auch aus den jeweiligen Beurteilungen des Preisgerichts deutlich.

Zum Entwurf von Snøetta wird ausgeführt, dass die Vorteile „mit einem zu starken Eingriff in die schützenswerte Substanz – insbesondere des wertvollen Baumbestandes – des Gartendenkmals Hofgarten erkauft“ sind.

In der Beurteilung des Preisgerichts zum Entwurf von Larsen / Meyer wird die östliche Ausdehnung in den Hofgarten als zu massiv bewertet. Gleichzeitig wird festgestellt, dass Aufweitungen für größere Veranstaltungen vermisst werden und die Anlieferung nicht funktioniere – beides würde noch mehr Platz erfordern.

Zum Entwurf von Ingenhoven stellt das Preisgericht fest, dass dieser im Norden zu nah an den Hofgarten heranrückt. Genau diese Ausdehnung reicht aber für die Funktionsbereiche der Oper der Länge nach nicht. Für die vorgeschlagene Süd-Nord-Ausrichtung der Bühne wäre also ein noch weiterreichender Eingriff in den Hofgarten nötig.

Die Beurteilung des Preisgerichts zum HPP-Entwurf würdigt viele Vorteile, stellt aber fest, dass „diese Qualität mit aufwändigen Maßnahmen bei der Erschließung verbunden“ ist (insb. Anlieferung über einen LKW-Aufzug und mit einer Drehscheibe im Untergeschoss). Außerdem sind die weit auskragenden Baukörper kritisch hinsichtlich der Nähe zum Hofgarten und seinem Baumbestand, der Eingriffe in die angrenzenden Alleen und nicht eingehaltener Vorgaben zum Lichtraum.

In Summe zeigen auch die prämierten Entwürfe des Ideenwettbewerbs nicht, dass der Neubau am Standort Heinrich-Heine-Alle umsetzbar und mit dem Schutz des Hofgartens vereinbar ist. Auch bei wohlwollender Betrachtung gibt es zu viele Unsicherheiten um jetzt über den Standort zu entscheiden und in einen Architekten- und Ingenieurwettbewerb für die Realisierung zu gehen.

Bestandsgebäude instandhalten
Seit dem Start des Prozesses in 2017 wurden diverse Instandhaltungsmaßnahmen am heutigen Opernhaus durchgeführt, Insbesondere die Dachabdichtung und die Erneuerung mehrere technische Anlagen der Bühne, der Steuerung und der Audio- und Videotechnik. Damit wurden akute Mängel, die auch zu Beeinträchtigungen und Absagen von Vorstellungen geführt hatten, beseitigt.

Weitere nötige Maßnahmen wurden in der Analyse seit 2019 identifiziert und müssen jetzt, unabhängig vom Zeitpunkt des Neubaus ohnehin angegangen werden: weitere Bausteine der Audio-, Video- und Bühnentechnik sowie der technischen Gebäudeausrüstung, die Bestuhlung und perspektivisch auch das Dach des Vorderhauses. Sowohl für die kommenden Jahre als auch für die mittelfristige Perspektive ist es zwingend, die Bestandsaufnahme der nötigen Maßnahmen zu aktualisieren und ihre Umsetzung zeitlich einzuplanen.

Diese Maßnahmen zur Instandhaltung lösen nur einen Bruchteil der Kosten aus, den ein Neubau des Opernhauses verursachen würde.

Darüber hinaus ist die Machbarkeitsstudie für eine Interimsspielstätte auch unabhängig von der Neubauplanung sinnvoll, um im Falle von akuten Problemen im Haus oder bei langwierigeren Instandhaltungsmaßnahmen die Optionen für kurz- oder mittelfristig realisierbare Interimsstätten zu kennen.

Verbesserungen prüfen
Ein zentrales Argument für die Neubauplanung waren und sind die unbefriedigenden Arbeitsbedingungen der Künstler*innen und der Mitarbeiter*innen der Oper. Hierzu sollten auch schon für die kommenden Jahre und unabhängig von der Neubauplanung Verbesserungen geprüft und ermöglicht werden. Beispielsweise waren für die Proben der Symphoniker schon vor langer Zeit Verbesserungsoptionen in der Prüfung, die jetzt wieder aufgenommen und ausgeweitet werden sollten.

Denkbar sind neben einem eigenständigen externen Probenzentrum auch bessere Abstimmungen auf die die Möglichkeiten in der Tonhalle. Generell ist zu hinterfragen, welche Funktionen, die aktuell in den beengten Räumen der Oper an der Heinrich-Heine-Allee untergebracht sind, eventuell in größere, externe Räume ausgelagert werden könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Angela Hebeler                    Norbert Czerwinski