UPDATE: Einstürzende Neubaupläne im Glasmacherviertel – Spekulanten in Finanznot

Die Adler-Gruppe ist – nach diversen Übernahmen und Fusionen – eines der größten Wohnungsunternehmen Deutschlands und aktuell in heftiger Schieflage. Die Wirtschaftsprüfer*innen von KPMG haben Adler für den Jahresabschluss 2021 das Prüfsiegel verweigert. Eine Sonderuntersuchung hat krasse Luftbuchungen aufgedeckt – unter anderem mit dem Glasmacherviertel in Düsseldorf Gerresheim.

UPDATE 19. Mai

Mitte Mai wurden weitere Probleme bei Adler-Unternehmen bekannt. Die „Consus Real Estate AG“ musste so hohe Abschreibungen auf Projekte vornehmen, „dass ein Verlust eingetreten sei, durch den die Bilanz negatives Eigenkapital aufweisen werde“ (FAZ online). Consus-Projekte in Düsseldorf sind „Upper Nord Tower“ am Mörsenbroicher Ei, das „Grand Central“ am Hauptbahnhof und die „Benrather Gärten“ – alle aktuell Brachen oder Bauruinen.

Auch die Adler-Tochter Brack Capital Properties – Entwickler des Grafentals und des brach liegenden Glasmacherviertels – sind in Schwierigkeiten. Eine notwendige Anschlussfinanzierung scheint zu stocken, so dass der Mutterkonzern einspringen muss.

Aus unserer Sicht machen auch die aktuellen Entwicklungen deutlich, dass die Unternehmen der Adler-Gruppe die großen Entwicklungsgebiete in Düsseldorf nicht erfolgreich umsetzen werden. Daher haben wir im Rat die Verwaltung beauftragt, das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen vorzubereiten (Überblick des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags).

Worum geht es für Düsseldorf?

Über ihre Tochterunternehmen Consus und Brack Capital hat die Adler-Gruppe zentrale Projekte in Düsseldorf:

  • Das Grafental läuft weitgehend nach Plan.
  • beim „Upper Nord Tower“ am Mörsenbroicher Ei wurde bislang nur der Keller gebaut, aktuell ist es eine Bauruine
  • beim „Grand Central“ geht es um 900 Wohnungen unmittelbar am Hauptbahnhof, wo aktuell lediglich ein Projektpartner einen Teil des Baus gestartet hat
  • bei den „Benrather Gärten“, dem ehemaligen Nirosta Gelände, gibt es keinen Fortschritt in der Planung
  • beim Glasmacherviertel in Gerresheim tut sich ebenfalls nichts – und das liegt maßgeblich an Luftbuchungen

180 Mio. 205 Mio. 375 Mio. für das Glasmacherviertel? Was kostet die Welt?

Die Sonderuntersuchung durch die KPMG wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht. Darin wird zum Glasmacherviertel der 2019 beschlossene und inzwischen gescheiterte Verkauf analysiert, die irrsinnigen Buchungen und Bewertungen offenlegt:

  • Mit ca. 205 Mio. Euro war das Glasmacherviertel (bzw. die Projektentwicklungsgesellschaft dazu) in den Büchern der Brack Capital intern bewertet.
  • Für 375 Mio. Euro sollte die Gesellschaft verkauft werden – ohne eine für die KPMG-Prüfer*innen nachvollziehbare Begründung.
  • Ca. 220 Mio. Euro betrug der Marktwert der Gesellschaft (sofern schnell Baurecht geschaffen würde) – was die Adler-Gruppe aber erst nach dem Vertragsschluss über 375 Mio. Euro durch externe Gutachter*innen ermitteln ließ (und was nichts am Vertrag änderte).
  • Auf max. 180 Mio. Euro schätzt die KPMG heute den Bodenwert des Glasmacherviertels, wovon die Erschließungskosten noch abgezogen werden müssten.

KPMG kommt daher zu dem Schluss, dass die 375 Mio. Euro beim Verkauf keine angemessene Bewertung waren. Allerdings ging diese Luftbuchung als erwartete Zahlung in die Bilanz der Adler-Gruppe ein (und rettete diese vorübergehend).
Für uns wird hieraus klar: Die ganze Zeit wurde nur auf Gewinne spekuliert und keine der beteiligten Firmen war augenscheinlich daran interessiert, dort Wohnungen zu bauen. Damit hat sich unser Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, als obsolet erwiesen – auf einer über hundert Millionen Euro zu teuren Flächen ist kein günstiges Wohnen möglich.

Was ist zu tun?

Mit einer potentiellen Übernahme durch die LEG bleiben immer noch viele Fragen offen, allerdings wissen wir zumindest, mit wem wir es zu tun haben und kennen die Akteur*innen. Aber trotzdem bleibt fraglich, wie schnell sich hier was tut und wer die weiterhin vorhandene Überbewertung des Glasmacherviertels ausbaden muss. Klar ist für uns: die Stadt Düsseldorf, die Bürger*innen und die zukünftigen Mieter*innen sind es nicht. Wir werden alle Verpflichtungen von bezahlbaren Wohnungen über Parks bis zu Straßen durchsetzen. Dazu wäre es wichtig, dass die Stadt schon jetzt mit der LEG in den Dialog geht.

Wir haben als Stadt kaum wirkliche Instrumente, die Bodenspekulation zu unterbinden. Wichtig ist uns akut, dass wir für diese Spekulaten an keiner Stelle in Düsseldorf Baurecht schaffen. Denn das würde die Spekulationsobjekte vergolden, weitere Verkäufe auslösen und keine Wohnungen schaffen.

Was wir definitiv brauchen, sind bessere Instrumente für die Kommunen, um gegen Spekulation vorzugehen – insbesondere Vorkaufsrechte und Einflussmöglichkeiten bei Weiterverkäufen von Entwicklungsgesellschaften.


Mehr GRÜNE Anträge und Anfragen zur Bebauung am Grand Central:

Anfrage im April 2020: Grand Central – Kein Baubeginn in Sicht?!

Anfrage im Mai 2020: Grand Hole – statt Grand Central

Anfrage im September 2020: Spiel mit Grundstücken unbedingt und nachhaltig bekämpfen

Anfrage im März 2021: Grand Hole – Was hilft gegen Bodenspekulation?